Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Mittwoch, 29. April 2009

Nüsse und Pfirsiche

15 Jahre war er alt... damals. Das Bemerkenswerte an ihm war seine Theorie der Persönlichkeit, die im Grunde nur aus zwei Schubladen bestand: "Nüsse" und "Pfirsiche". Heute verstehe ich seinen Ansatz auch als einen Bewältigungsversuch - als hochintelligenter, aber auch hochsensibler Junge war er vielen Hänseleien ausgesetzt und konnte sich dagegen nicht zur Wehr setzen. Verträumt und voller seltsamer Gedanken war seine Welt für andere nicht nachvollziehbar und man musste ihm schon genauer zuhören, um zu erkennen, wie tiefgründig seine Gedankengänge waren. "Manche sind eben Nüsse, andere Pfirsiche", sagte er. Und die Erklärung: "manche sind nach aussen hart und innen weich, andere nach aussen weich und dafür innen hart.
Und ich... bin eben ein Pfirsich". Damit war aber auch verbunden, dass er sich selbst einen harten Kern zuschrieb und sich nicht kleinkriegen lassen wollte - letzten Endes fühlte er sich den anderen überlegen. Leicht hatte er es nicht, dieser "Pfirsich", irgend jemand versuchte immer, ihn aufzuziehen, Spielchen mit ihm zu treiben. Ein schlauer Kopf, den aber trotzdem niemand so recht ernst nehmen wollte - andere machten sich ständig über ihn lustig, wirkliche Freunde hatte er nicht.
"Die Nüsse kommen leichter durchs Leben", meinte er, "auch wenn sie innen hohl sind."
Die Pfirsiche tragen bald ihre Flecken davon, vielleicht schneidet sich der eine oder die andere metaphorisch eine Scheibe davon ab... Zerquetscht und angebissen bleibt irgendwann vielleicht nur der harte Kern übrig. Dann haben wir gewissermaßen auch eine Nuss...
Aus einer wissenschaftlichen Perspektive ist eine solche Theorie natürlich nicht haltbar, wird der Vielfalt und den Zusammenhängen der Persönlichkeit nicht gerecht. Als subjektive (oder auch: naive) Theorie bringt sie aber Erfahrungen und Strategien zum Ausdruck, die Welt zu ordnen. Ein Lied der Prinzen passt zu diesem Thema, das einen kritischen, aber durchaus realistischen Blick auf unsere Konkurrenzgesellschaft wirft.




Wohl dem, der kein Pfirsich ist?

9 Kommentare:

  1. Sehr interessant. Ich denke, jeder hat sowohl einen Pfirsich als auch eine Nuss in sich. Es kommt wohl darauf an, in welchem Umfeld man sich gerade bewegt. Zu Hause kann man gerne ein Pfirsich sein, im Beruf vielleicht ehre eine Nuss. Hoffentlich keine Kokosnuss...die ist außen Hart und das Fruchtfleisch ist auch hart. Ganz innen dann noch die wässrige Flüssigkeit.....

    Liebe Grüße vom Jürgen

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  2. Damit kommen wir der Realität wohl näher... wenn mann das "Nussige" und "Pfirsichhafte" als Bilder für Persönlichkeitsanteile benutzt, kann man sich überlegen, ob die Pfirsichanteile für Kränkbarkeit und die Anfälligkeit für Mobbing verantwortlich sind. Als Strategie ergibt sich dann die Stärkung der "nussigen Anteile", also: die Fähigkeiten, sich abzugrenzen, auch einmal Nein zu sagen, Rechte in Anspruch zu nehmen usw... Die Kokosnuss könnte ein Bild sein für Leute, die auch im Innern keine Gefühle mehr zulassen können oder sie nicht entschlüsseln können (Beispiel "Alexithymie", wörtlich: die Unfähigkeit, Gefühle zu "lesen")

    Liebe Grüße von Rolf

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  3. Rolf Du schreibst:
    Verträumt und voller seltsamer Gedanken war seine Welt für andere nicht nachvollziehbar und man musste ihm schon genauer zuhören, um zu erkennen, wie tiefgründig seine Gedankengänge waren.

    Ich bin ein sehr positiv denkender Mensch, daher bin ich der Überzeugung, dass die Menschen in unserer heutigen Gesellschaft, eher geneigt sind, auch den Mitmenschen Aufmerksamkeit zu schenken, deren Gedankengänge auf den ersten Blick seltsam und nicht nachvollziehbar erscheinen mögen, als noch vor zehn oder zwanzig Jahren.

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  4. Hallo Mona,
    dass mehr Offenheit und Verständnis da ist, kann ich mir nur wünschen. Ob es wirklich generell so ist, vermag ich nicht zu sagen... die Geschichte jedenfalls ist 20 Jahre her und die Leute, die nicht so genau zuhören wollten, waren die Gleichaltrigen, also zwischen 14 und 16 Jahre alt - im Rückblick denke ich, dass manches einfach zu schwierig für sie war.

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  5. "Als Strategie ergibt sich dann die Stärkung der "nussigen Anteile", also: die Fähigkeiten, sich abzugrenzen, auch einmal Nein zu sagen, Rechte in Anspruch zu nehmen usw..."
    Hm, ich habe gerade einen 11jährigen im Malatelier - genau dieses Thema, hochsensibel und verletzlich.
    Und gerade bei seinem aktuellen Bild, gab es eine ganz deutliche Metapher dazu, eine Schlange, die getreten wurde und nun den Giftzahn zeigt. Es brauchte mehrere Anläufe und 2 Maltermine, bis ihm der Giftzahn gelang... und die Schlange damit drohen konnte. Ich hoffe sehr, dass er damit auf diesem Weg ist, die "nussigen" Anteile zu stärken.

    @Mona: die Gleichaltrigen und auch einige Erwachsene (Lehrer) lassen in dem Fall leider die Offenheit und das Verständnis vermissen, es ist auf jeden Fall noch ein langer Weg zu Akzeptanz. Und pubertierende Jungs sind was "Rudelverhalten" angeht, ein ganz eigenes Kapitel - leider.

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  6. @ Sabine. Der Giftzahn ist ein guter Ansatzpunkt. Als Symbol für die Fähigkeit, sich zu wehren, muss er ja nicht eingesetzt werden - er genügt als potentielle Drohung, um Respekt einzuflössen. Als Thema kann auch der Satz "ich habe das Recht, meine Rechte in Anspruch zu nehmen" dienen. Es ist sicher ein wichtiges Thema, und in der "getretenen Schlange" spiegeln sich wohl entsprechende Erfahrungen...

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  7. Ja, der Giftzahn ist auf jeden Fall ein ganz wichtiger Punkt. Das Bild gab noch sehr viel mehr her, auch die Erkenntnis, dass die Schlange erstmal droht, sich bemerkbar macht. Dass das Treten vielleicht gar nicht absichsvoll passiert, sondern die Schlange nicht bemerkt wird. "Mach dich bemerkbar, wenn du verletzt wirst".
    Und als Vorhaben für den nächsten Maltermin, soll die Schlange eine Rüstung als Geschenk erhalten, damit sie besser geschützt ist...
    Ich staune bei diesem Bild immer wieder, auch darüber, welche Lösungen der Malende selbst findet.

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  8. @ Sabine: ...das ist sicher spannend. Vielleicht ergeben sich noch mehr Bilder, die grundsätzliche Bewältigungsstrategien vorbahnen. Auch wenn der Junge nicht alles sofort für sich umsetzen kann, läßt sich in der Fantasie so manches durchspielen, das ihm später sehr nützlich sein kann... Ein Gedanke von Coué (jener Apotheker, auf den der Placeboeffekt zurückgeht fällt mir immer wieder ein: "im Widerstreit zwischen Gedanke und Bild setzt sich immer das Bild durch"...

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  9. Ja, ich bin mir fast sicher, dass es noch mehr solcher Bilder geben wird. Das Wirkungsvolle daran ist, dass es nicht nur in der Fantasie durchgespielt wird, sondern im Bild konkret aufs Papier gebracht wird. Erstaunlich immer wieder, wie schwer es den Malenden fällt, ganz bestimmte Bildteile zu malen, ein echtes Ringen mit sich selbst. Obwohl ich vor Beginn meiner Ausbildung schon viel in der Theorie darüber wusste, erstaunt mich dich Praxis doch sehr - die immer neue Faszination über die Wirksamkeit der Bilder - es ist viel mehr als nur ein bisschen Farbe auf Papier...

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