Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Mittwoch, 16. März 2011

Kaiserlicher Trost

Es passt gut zu meinen Vorstellungen von Unterstützung bei der Bewältigung von schwierigen Situationen: die Ansprache des Kaisers in Japan, von der unter anderem die Financial Times Deutschland berichtet. Die wahre Bedeutung des Kaisers in Japan ist mir zwar wenig vertraut, aber soviel konnte ich den Medien entnehmen: es ist eine Seltenheit, dass er sich überhaupt meldet. Er habe Mut zugesprochen, hieß es in den Texten, aber wenn er wirklich eine wichtige Figur ist, bedeutet schon die schlichte Anwesenheit sehr viel. Aus einer rationalen Perspektive scheint es viel wichtiger, konkrete Hilfe zu leisten, Gefahren einzudämmen und alles zu tun, damit sich die Lage normalisieren kann und Schlimmeres verhindert wird. Betrachtet man die Gefühlslage, steht ein anderes Erfahrungsmoment im Vordergrund, das wesentlich stärker zur Angstreduktion beitragen kann - die schlichte Erfahrung, nicht allein zu sein. Da ist jemand. Ich bin nicht allein gelassen. Da kümmert sich jemand um mich. Ganz anders als bei Politikern kann ihm niemand vorwerfen, er wolle sich nur über die nächste Wahl retten oder verfolge irgendwelche politischen Interessen. Der Kaiser ist, wenn ich das richtig deute, eine Vaterfigur, eine stabilisierende Komponente in der inneren Situation seiner Landsleute.

Es gibt noch eine Komponente, von der ich glaube, dass sie eine große Rolle bei der Bewältigung der aktuellen Situation spielt: die Tradition und die Geschichte, sehr wohl mit Blick auf Hiroshima und Nagasaki, einschließlich der Erinnerungen an das Ende des zweiten Weltkrieges. Die Tradition vermittelt die Einbettung in große zeitliche Zusammenhänge, die Geschichte ist eben auch eine Geschichte des Wiederaufbaus, eine kollektive Erfahrung, die das Überlebenkönnen und Wiederaufbauen bewusst zu machen vermag. Die Geschichte stellt der Ohnmacht des Schicksals die Macht des Handelns in der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft gegenüber. Es ist absehbar, was daraus werden wird - zunächst das Bemühen, die elementaren Voraussetzungen wieder herzustellen und das Zerstörte wieder aufzubauen. All das bringt das Weggespülte nicht zurück und macht die Toten nicht mehr lebendig, aber es lindert den Schmerz.

Die Voraussetzungen sind zwar gegeben, dass es in Japan zu posttraumatischen Belastungsstörungen in enormem Ausmass kommt, zwingend ist es aber nicht. Vielleicht gelingt über die pragmatische Orientierung an der Gegenwart hinaus der Blick nach vorn, der die Erfahrung ermöglicht, dass es trotzdem weiter geht - und Angst eine zwar schlimme, aber zu überwindende, zeitlich begrenzte Gefühlsqualität ist. So sehr sie auch bebte, irgendwann kommt die Erde wieder zur Ruhe und lässt der Neugestaltung Raum.

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