Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Donnerstag, 30. Juli 2009

Rorschachtest? Papierkorb!

Helle Aufregung gibt es um die Veröffentlichung der Tintenkleckse auf Wikipedia.
Der Rorschachtest ist ein veraltetes Verfahren zur Psychodiagnostik. 1921 wurde das Verfahren veröffentlicht - und allein das ist schon Grund genug, ihm das Etikett "historisch" zu verleihen.
Wenn ich zurückdenke, was ich aus Seminaren und Vorlesungen im Fach Psychologische Diagnostik "mitgenommen" habe, bleiben grundsätzliche Überlegungen übrig, die von Anfang an einen skeptischen Blick auf den Rorschachtest auslösten. Tintenkleckse? Interpretation? Unendliche Möglichkeiten... da lässt sich alles Mögliche hineininterpretieren und herauslesen. Ein solches Verfahren kann unmöglich objektiv sein. Auch dann, wenn man sich über den Begriff der Objektivität streiten kann, bleibt das Bemühen um Standardisierung, um Gütekriterien unbedingt sinnvoll. Wenn fünf Leute ein Holzbrett abmessen und es ist einmal 80 cm lang, ein anderes Mal 2 Meter 50 - dann ist das Messverfahren nicht besonders tauglich. Ähnlich sieht es auf, wenn das Brett bei einer Messung 1 Meter 20, bei der zweiten 1 Meter 22 lang ist - auch das ist schon ein Problem...
Bei psychologischen Testverfahren sind solche Dinge schwierig - Messfehler sind nie auszuschließen. Also - sieht man sich eben die Werte an, setzt bei Bedarf mehrere Verfahren ein, beurteilt die Ergebnisse nach dem zugrundeliegenden theoretischen Modell, der Eichstichprobe, den Gütekriterien und der Aktualität. Erstaunlich genug, das so ein altes Verfahren wie der Rorschachtest immer noch eingesetzt wird...
Die Wissenschaft ist ständig im Fluss - und das gilt eben auch für Theorien der Persönlichkeit. Wenn man Jahrzehnte psychologischer Forschung einfach ignoriert, kann man natürlich auf ein altes Verfahren zurückgreifen... wenn es denn wenigstens brauchbare Werte in den einschlägigen Gütekriterien aufweisen würde. Das tut der Rorschachtest aber nicht und ist allein schon deshalb als wissenschaftliches Testverfahren unbrauchbar. Nun muss man aber nicht unbedingt einen empirischen Standpunkt vertreten und den Rorschachtest an den Kriterien der klassischen Testtheorie messen.
Schließlich hat sich ja auch die Psychoanalyse weiterentwickelt und dazu gehört eben auch die Ausarbeitung der OPD (Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik).
Warum also sollte jemand ein altes Verfahren einsetzen, das sowieso kaum noch jemand wirklich ernst nimmt? Aber zunächst zu der Frage, worüber sich die Leute eigentlich aufregen... Wikipedia hat alle Kleckse veröffentlicht. "Inklusive Interpretation" heisst es im Artikel auf Rooster24. Beim Stöbern fiel mir auf, dass so mancher Link nicht mehr abrufbar ist - vermutlich wurden einige Texte also schon wieder entfernt. Nehmen wir an, die Interpretationen wären wirklich nachzulesen - dann könnten alle Probanden, die mit diesen Klecksen konfrontiert werden, sich genau überlegen, was sie ihrem Analytiker erzählen, um eine bestimmte Interpretation nahezulegen oder andere auszuschließen. Besonders zuverlässig wäre das aber auch nicht, denn selbst dann, wenn sich die Anwender auf bestimmte Interpretationen "gut geeinigt haben", kann man nie wissen, was im Einzelfall so alles "herausgelesen" wird. Psychoanalytiker deuten - diese Grundhaltung ist mit dem Anliegen eines Testverfahrens, das ein bestimmtes Merkmal messen will, nicht vereinbar.

Warum werden eigentlich die Prüfungsaufgaben für Schulabgänger nicht veröffentlicht? Warum kann man nicht erfahren, welche Testbögen am Tag X vorgelegt werden, wenn es um den Führerschein geht?
Es ist nicht schwer zu erraten - es wäre unfair, denn wer genau weiss, welche Fragen gestellt werden, kann sich natürlich darauf vorbereiten. Auch dann würde es noch Unterschiede geben - aber die Situation, dass alle mit unbekannten Fragen konfrontiert werden, wäre nicht mehr gegeben.
Ein brauchbares Testverfahren zu entwickeln, das braucht Zeit und macht viel Arbeit. Neue Theorien machen ältere Verfahren fragwürdig, die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Testnormen. Liegt die letzte Normierung Jahrzehnte zurück oder hat nie statt gefunden, hat ein Verfahren auch keine besondere Aussagekraft. Wird ein Verfahren kopiert und weitergegeben, sind die Fragestellungen eben nicht mehr neu - und dann kann niemand mehr aussschließen, ob ein hoher Testwert im Intelligenztest vielleicht nur auf ein besonderes Training zurückzuführen ist. Als Proband kann ich mir dann das Denken sparen - ich lerne einfach die "richtigen" Antworten auswendig und erscheine plötzlich genial. Kleiner Irrtum, aber vielleicht lebt es sich ganz gut mit einer solchen Selbsttäuschung und dem Lebensmotto "Einbildung statt Bildung". Die Tests, die im Internet (oft für teueres Geld) angeboten werden, sind Pseudotests, nette Spielereien, vielleicht mit Unterhaltungswert, ansonsten nicht ernst zu nehmen. Versprechen, man könne innerhalb kürzester Zeit seinen IQ um 30% steigern, sind einfach nur Unsinn.

Psychodiagnostik gehört in die Hände von Psychologen - und sonst nirgendwo hin. Psychologische Tests gehören nicht ins Internet - denn durch die Publikation der Fragen sind Verzerrungen, soziale Erwünschtheitseffekte und Fehlinterpretationen, die sowieso schon nie ganz auszuschließen sind, noch wahrscheinlicher. Eine Neunormierung wäre also das Mindeste, das geschehen müsste, um das Verfahren wieder einigermaßen brauchbar zu machen. Wissenschaftliche Testverfahren brauchen den Schutz des Copyright - wer sie kopiert, mit der Post verschickt, ins Internet stellt oder Laien (und dazu gehören auch die Mediziner, sorry) zur Verfügung stellt, entwertet sie auf jeden Fall - im Einzelfall bis zur völligen Wertlosigkeit.

Eines kann man sicher sagen - wenn die Rorschachkleckse erst einmal veröffentlicht sind, kann niemand mehr garantieren, dass Probanden frei assoziieren und spontan auf ein Bild reagieren, das sie nie zuvor gesehen haben und ohne sich irgendwelche Antworten zurechtgelegt zu haben. So gesehen ist die Publikation nur ein Grund mehr, den Rorschachtest dorthin zu befördern, wo er hingehört: in den Papierkorb.

Mittwoch, 29. Juli 2009

Blogawards unterwegs

Blogawards sind unterwegs und nun auch bei mir gelandet - und das in doppelter Ausfertigung!
So dass ich als mir armem Tropf mal selber auf die Schulter klopf... äh...



Bevor ich auf die spezifischen Eigenheiten dieses Awards eingehe, ein par kurze Bemerkungen zu meinen Überlegungen... tja, so einige Leute kenne ich ja bereits, gelegentlich stöbere ich auch querbeet durch die Blogosphäre und verbinde deshalb mit meiner Weitergabe ein besonderes Anliegen:

Auf neue Blogs aufmerksam machen.

Jetzt also der Text zum Award:

Dieser Award wird vergeben für:
• Ansporn für den eigenen Blog
• bringt ein Lächeln auf dein Gesicht, weil er so viel Freude verbreitet
• gefüllt mit vielen Informationen
• hat einen Blog, der dir sehr gut gefällt
• dieser Blog hat dich einfach so, aus irgendwelchen Gründen positiv überrascht.

Natürlich geht so eine Award-Verleihung nicht ohne Verpflichtungen ab. So hängt auch diesem Award etwas an.

Setze diesen Preis auf deinen Blog. Ernenne selbst wieder fünf Blogs, denen du diesen Preis übergeben möchtest. Teile es den Auserwählten mit und erfreue dich dann an den Reaktionen! Benenne auch die Person, welche dich beschenkt hat, sie wird sich sehr freuen!

Erster Akt: mein Award stammt von Volker und von Dodo

Damit nun diese Awardgeschichte nicht nur im Kreis derer herumläuft, die sich sowieso schon kennen und immer wieder mal besuchen, möchte ich das Angesporntwerden mit dem Anregen verbinden... und habe Blogs ausgesucht, bei denen noch Platz in der Ehrenvitrine ist.

Zum einen Slov Ant Gali: der Frieden ist nun mal für mich ein wichtiges Thema und eine poetische Ader kann ich in mir ebenfalls nicht leugnen.

Anna Chaos: da muss einfach mal ein Bildchen auf die Optik! Über meine eigenen Chaostendenzen schweige ich mich hier natürlich aus....

Mit Peter verbindet mich mehr als ich hier ausbreiten möchte. Der Amazing Award soll ein Impuls sein, die angenehmen Dinge des Lebens nicht zu vergessen und den sinnvollen Pfaden zu folgen, auf denen sich schon die eigenen Spuren finden.

Sadeyes - bei allem Tiefsinn, der "amazing" im Sinne von "erstaunlich" ist kann ein amazing touch nicht schaden.

Zu den neueren Entdeckungen gehört Terraconz, der etwas Rückenwind bekommen soll. Damit er es schafft, amazing clean zu bleiben.

Irgendwie überschreitet diese Bloggerei alle möglichen Grenzen und verbindet Menschen, die sich sonst kaum begegnen würden. Nachdenklich sind sie auf ihre Art alle - und doch auch auf der Suche, können Ermunterung und Impulse gut gebrauchen. Und das kann auch etwas ganz Kleines sein.

Bevor ich roste, weil ich raste, hau ich also auf die Taste.
Steht er wie vorm Berg, der Ochs, liest er schnell mal nach - in Blogs.
Denn in den unendlichen Bloggerweiten...
erschlägt uns die Weisheit von allen Seiten.

Also... nichts wie weg. Schließlich hat auch das Bloggen Suchtpotenzial.



Dienstag, 28. Juli 2009

Bilder des Unterbewusstseins: FMRI

"Mir dämmert etwas", sagen manche. "Irgendwie hatte ich so eine Ahnung" - mit solchen und ähnlichen Formulierungen beschreiben wir Gedankengänge, die noch nicht so deutlich, nicht klar im Bewusstsein vorhanden sind. So manches bahnt sich an, bevor es uns bewusst wird. Für solche Phänomene gibt es verschiedene Bezeichnungen, da ist vom Vorbewussten, Unbewussten, vom Unterbewusstsein die Rede, weniger bekannt ist der Begriff der "metakognitiven Empfindungen".
Es scheint, als würde sich im Gehirn so manches abspielen, das uns nicht greifbar ist, das wir demzufolge auch nicht in Worte fassen können. Solche Prozesse lassen sich aber als Bild darstellen. Die funktionelle Magnetresonanztomographie macht es möglich.

FMRI ist der englische Begriff dafür (functional magnetic resonance imaging) - und damit lässt sich sichtbar machen, welche Prozesse sich im Gehirn vollziehen werden - noch bevor sie bewusst sind.
Stephen José Hanson, Russell A. Poldrack und Yaroslav Halchenko konnten anhand solcher Bilder vom Gehirn mit hoher Genauigkeit vorhersagen, welcher "mentale Status" sich ergeben wird. Vom "Gedankenlesen" zu sprechen ist dabei allerdings etwas zu weit gegriffen - so einfach ist das auch nicht, bestimmte Funktionen des Gehirns einer bestimmten Hirnregion zuzuordnen. Neuere Ergebnisse sprechen dafür, dass die Verbindungen im Gehirn immer wieder neu entstehen. Je nachdem, womit ein Mensch beschäftigt ist, entstehen immer wieder wechselnde Muster in den grauen Zellen. Entscheidend ist weniger, wo genau im Gehirn etwas geschieht, sondern welches Muster neuronaler Aktivität gerade abläuft. Wenn die Forschung weiter voranschreitet, könnte es möglich werden zu erkennen, ob jemand gerade nachdenkt, eine Entscheidung trifft oder auch lügt. Ungewöhnliche und abweichende Muster könnten als Hinweis auf psyschische Störungen über solche Bilder erkannt werden. Es läuft darauf hinaus, stets das gesamte Gehirn "im Auge" zu behalten, wenn man komplizierte Prozesse verstehen will - die Beobachtung einer kleinen Hirnregion allein genügt nicht.

Was haben die Forscher denn nun eigentlich genau gemacht?
130 Versuchspersonen bekamen 8 verschiedene Aufgaben gestellt - Lesen, sich eine Liste merken, Entscheidungen treffen usw. Gleichzeitig wurden mit der funktionellen Magnetresonanztomographie Bilder der Vorgänge im Gehirn angefertigt. Durch den Vergleich der Bilder konnten die Forscher mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent erkennen, welche Aufgaben die Versuchspersonen bearbeitet hatten.
Die Unterschiede zwischen den Mustern sind dabei nicht sehr groß - im weiteren Verlauf ist geplant, ein Diagnosesystem zu entwickeln, mit dem sich zum Beispiel Störungen wie ADHS oder Autismus anhand der Aktivitätsmuster im Gehirn erkennen lässt. Auf jeden Fall... haben die Forscher kürzlich eine weitere Million Dollar für weitere Studien bewilligt bekommen.

Quelle: Science Daily

Das Video gibt einen Einblick, wie solche Bilder aussehen... keine Panik: dabei wird nichts aufgeschnitten, die Bilder entstehen von aussen.

Vieles gleichzeitig tun? Ein Multitaskingtest

Aufgeschnappt und ausprobiert... in der Karrierebibel hat Jochen Mai ein kleines Simulationsspiel aufgenommen, in dem es um Multitasking geht.
Die Simulation ist in englischer Sprache gehalten, lässt sich aber auch ohne umfassende Kenntnisse der englischen Sprache ausprobieren. Das Problem, das sich dabei gut erleben lässt, ist die Schwierigkeit, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Der Skepsis der Neurowissenschaftler, die behaupten, das gehe im Grunde gar nicht, schließe ich mich aus der eigenen Erfahrung gern an... Das Schöne an dieser Simulation ist, dass sich ohne reale Gefahren einmal ermitteln lässt, wie sich die eigenen Reaktionszeiten verändern, wenn während des "Fahrens" Buchstaben eingetippt werden.
Die Situation hat mich an eine Übung erinnert, die einmal Gegenstand im Musikunterricht war. Mit einer Hand einen Viervierteltakt dirigieren, mit der anderen Hand einen Wasserhahn aufdrehen oder (noch schwieriger) einen Dreivierteltakt dirigieren. Etwas bekannter ist vielleicht die Variante, mit der einen Hand über den Bauch zu kreisen und sich dabei mit der anderen Hand auf den Kopf zu klopfen. Mit etwas Übung geht das schon irgendwie - solange man sich nicht besonders darauf konzentrieren muss.
Verschiedene Musikinstrumente setzen solche unabhängigen und doch koordinierten Muster voraus. Zupf- und Streichinstrumente, Klavier, Schlagzeug und andere Instrumente erfordern unterschiedliche Bewegungen der Hände, beim Schlagzeug kommen noch die Beine dazu. Verschiedene Bewegungen, Melodien oder Rhythmen gleichzeitig zu realisieren, das ist ganz schön schwierig. Aber es gibt einen wichtigen Unterschied. Beim Musizieren lassen sich Bewegungsabläufe weitgehend automatisieren - die Aufmerksamkeit gilt dann dem Klangbild als Ganzes.
In der Simulation kann man sich ein solches Muster im Prinzip entwickeln - eine Hand für die Maus, die andere für die Tastatur. Trotzdem lenkt das Telefon, das in der Simulation eingeblendet ist, ab.
Meine Reaktionszeit hat sich im Schnitt um 0,16 Sekunden verlängert, 6% mehr Tore sind mir entgangen. Das hätte in der Realität bedeutet, Verkehrsschilder zu übersehen, eine Abfahrt zu verpassen... oder Schlimmeres. Na schön, der Durchschnitt liegt bei 0,24 Sekunden verlängerter Reaktionszeit und 8% mehr versäumte Reaktionen. Aber diese Einsicht, noch überdurchschnittlich "gut" reagiert zu haben, tröstet nicht über die Gefahren hinweg, die im Ernstfall Unfälle, auch mit Todesfolgen nach sich ziehen können.
Zum Thema Unfälle fallen mir noch einige Schauergeschichten ein, an die ich nicht so gern denke... einer der besonders tragischen Fälle begann mit einer Coladose, die vom Rücksitz aus direkt am Ohr des Fahrers geöffnet wurde. Der Colatrinker war der einzige Überlebende des Unfalls, der sich danach ereignete... und schleppt wohl noch heute schwere Schuldgefühle und Selbstvorwürfe mit sich herum. Ich kann mir nur wünschen, dass sich die Einsichten, die man aus so einer Simulation gewinnen lassen, herumsprechen und auch ernst genommen werden. Tätigkeiten, die Aufmerksamkeit und Konzentration erfordern, werden durch Störungen deutlich schlechter, langsamer, mitunter gefährlich.
Sich einzubilden, man könne problemlos Autofahren und Telefonieren - das ist eine Fehleinschätzung.


Den Artikel von Jon Hamilton, den Jochen Mai in seinem Beitrag aufgenommen hat, möchte ich noch kurz zusammenfassen.
Multitasking ist eine Illusion - in Wirklichkeit wechseln wir sehr schnell zwischen verschiedenen Tätigkeiten. Die Gleichzeitigkeit, mit der wir verschiedene Dinge tun, die bilden wir uns nur ein.


Das Handyverbot am Steuer, das seit Februar 2001 in Deutschland gilt, hat also schon seinen Sinn. Es gilt auch für die angeblich multitaskingfähigen Frauen.


So einfach ist es also nicht, mehrere Dinge "gleichzeitig" zu tun. Aber mit Teamwork lässt sich das Problem lösen, wie man hier sehen kann:





Montag, 27. Juli 2009

Bloggen und die Realität

Noch ein kleiner Nachtrag zum Bloggertreffen... die Sahnetorte hat ja bereits ihren Ehrenplatz bekommen. Die ist weg, logischerweise. Das zeigt mal wieder: nicht alles, was Blogger produzieren, ist für die Ewigkeit bestimmt.... Es macht aber so manches plastischer, wenn erfahrbar ist, dass Blogs eben nicht eine rein künstliche Welt darstellen, die von virtuellen Figuren geschrieben werden.
Es klingt banal, ist aber eine bemerkenswerte Erkenntnis: Blogger gibt es wirklich, dahinter stehen lebendige Menschen. Themen gab es reichlich und so manches klingt noch nach... warum bloggen, was geschieht da rund um Blogs, wieviel wiegt das Internet? Etwas metaphorischer gefragt: welches Gewicht haben Blogs und was bedeutet das eigentlich, was da geschieht? Blogs bilden Realität ab, teilen etwas mit, das sich natürlich auch im direkten Gespräch mitteilen lässt. Aber eben über eine Entfernung, die sich auch mit Verkehrsmitteln nicht so leicht, nicht so schnell überbrücken lässt. Und dann begegnen sich Menschen, die sich im Grunde überhaupt nicht kennen und doch vetraut sind. Auf eine Art, die sich schwer beschreiben lässt. Blogger haben Zeit, sagen wir: nehmen sich Zeit fürs Bloggen, und so unterschiedlich die Motive auch sein mögen - es steht ein Bedürfnis dahinter, sich mitzuteilen.
Angedeutet war auch die Frage, ob sich im Internet Züge zeigen, die im Alltag nicht ausgelebt werden können oder dürfen - schaffen Blogs also ein Stück virtuelle Realität, gleichen etwas aus, das im realen Leben fehlt? Sind Blogs Ausdruck des Bemühens, zu sich selbst zu finden, Erfahrungen auszuwerten und der Frage nachzugehen, was sich nun damit anfangen lässt?
Auf der einen Seite war es schade, dass es ein kleiner Kreis war, das hatte aber auch seine Vorteile... es wird persönlicher, direkter, intensiver. Da stellt sich einen grundsätzliche Frage, die jeder und jede für sich bedenken kann - was zeige ich von mir im Internet, was möchte ich wirklich öffentlich zugänglich machen, wo sind die Stellen, die ich bei aller Öffentlichkeit privat belassen möchte, Aspekte meines Lebens, die nicht für alle nachvollziehbar sein müssen oder sein sollen?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass manche Blogger niemals zu einem Bloggertreffen fahren würden, allein aus Angst, dass sich dabei zeigen könnte, "was wirklich ist" - oder mit dem Hintergedanken, dass so ganz beiläufig etwas offenkundig werden könnte, das eben nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist.
So manches werde ich also für mich behalten, auf die eine oder andere Art noch weiterdenken, ohne ausführlich darüber zu berichten. Da werden vielleicht manche neugierig sein, worüber sich Blogger wohl unterhalten, wenn sie sich dann einmal treffen... soviel sei "verraten": es ging nicht nur ums Bloggen. "Blogommunikation", mein Kunstwort für Kommunikationsprozesse rund um Blogs, unterscheidet sich in manchen Aspekten grundsätzlich vom direkten Gespräch - einer dieser Aspekte ist das Modell eines Filters, der im Internet so manches durchlässt, das im direkten Gespräch nicht "zugelassen" oder "erwünscht" wäre. So manches aber auch zurückhält, das für Kontakte "unter vier Augen" und nicht für eine breite Öffentlichkeit bestimmt ist. Es ist eine spannende Erfahrung, unterschiedliche Arten der Begegnung zu vergleichen - so manches, was im direkten Kontakt möglich ist, wäre im Internet nicht denkbar. Und umgekehrt.
Die Torte - die ist öffentlich geworden. So wie sie einmal war... aber was wirklich "Sahne" war, hat etwas Persönliches und bleibt ein Geheimnis.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Smiliecodes für die Chatbox

letzte Überarbeitung: 15.08.2009

Die für dieses Blog verfügbaren Smilies, geordnet nach Zeichen - Alphabet - Zahlen

Langfristig möchte ich versuchen, möglichst die gesamte Bandbreite menschlicher Emotionalität verfügbar zu machen - ohne zuviel Material für destruktive Schlammschlachten zu liefern...

Und so geht's... in das Textfeld der cbox einfach den Code eingeben, entweder in Doppelpunkte oder in Klammern. (...ziemlich anstrengend, das Unternehmen, es dauert noch eine Weile, bis alle Smilies drin sind...)

:)
:-)
:(
:/
:x
:I
:abwäg:
:achje:
:aggrieved:
:aghast:
:anstreng:

:autofahr: (autofahr)


:biene:

:biggrin:

:blume: (blume)

:blümchen: (blümchen)

:cool:
:cry:

:daumenhoch: (daumenhoch)

:dicht:
:D

:einschlaf: (einschlaf)

:equal:
:furious:
:geist: (geist)


:gibtsdas:
:glad:
:grrr: - (grrr)
:hallo:
:heart:
:hm:
:huch:
:huhu:

:ichnicht: (ichnicht)

:jonglier:
:kopfkratz: (kopfkratz)

:lol:
:müde:
:nervous:
:n8:
:no:
:oh:
:ohr:

:online: (online)

:patsch:
:P
:quizzical:
:roll:
:sad:
:schnief: (schnief)

:schrei: (schrei)

:schreib:
:sun:
:tauch:
:thebox:

:tipp: (tipp)

:tschüss: (tschüss)

:wegflieg: (wegflieg)


:wink: (wink)


:weekend: (wochenende)

:yes: (yes)


:zauber: (zauber)

:zonked:

:zwinker: (zwinker)

:0Ahnung:

:3amtisch:



Summertime

Im Februar, als es noch verschneit war, kam die Idee schon auf... die Summertime im Internet zu suchen. Was Keith Jarrett daraus macht, ist anderswo zu hören.
Jetzt aber, da es nun wirklich Summertime ist, soll Emma Rubell zu Ehren kommen.
Die Besucher des Konzerts rieben aufgeregt ihre Eintrittskarten in den Händen - und so entstand das RUBBELLOS. Angeblich. Jazz aber los....




Konzeptkrisen in der Bloggerszene

Die Themen gehen mir nicht aus... so manches liegt in der Recherche, steckt in der Entwurfphase. Selbstverständlich ist das nicht, denn manchmal gibt es eben auch eine Flaute im Kopf. Manche machen sich Gedanken über ihre Blogs, legen eine Sommerpause ein, die vielleicht auch einen konzeptionellen Wendepunkt andeutet. Manche hören recht abrupt auf. Ein "Schade" schwingt bei solchen Beobachtungen bei mir immer mit. Über den Gedanken, dass ein Blog ein Konzept braucht oder haben sollte, kann man sich streiten. Zumindest einige Blogs, die über einen längeren Zeitraum bestehen, lassen ein Konzept erkennen. "Konzept" bedeutet dabei, dass es typische Themenfelder gibt, einen Interessenrahmen, der sich als roter Faden durch das Blog zieht. Was immer das auch sein mag - es vermittelt ein Profil, einen Wiedererkennungswert und lässt einen spezifischen Leseerwartungshorizont enstehen. Das kann ein Hobby sein, eine bestimmte Stilrichtung, ein bestimmtes Fachgebiet - sagen wir vorsichtig: ein bestimmter Schwerpunkt ist deutlich, oft sehr transparent und - persongebunden - glaubwürdig. Wer gerne fotografiert, stellt eben Fotos ein, wer Fertighäuser baut, informiert über Abläufe und Details aus dem Fertighausbau und so weiter und so weiter. Manchmal ergibt sich ein solches Konzept unmittelbar - es kann sich aber auch entwickeln, Schwerpunkte können sich verschieben, Zielsetzungen und Zielgruppe klarer werden, sich herauskristallisieren und verändern. Die Orientierungsmarke "Blogkrisen sind Konzeptkrisen" scheint konkreter zu sein als der Ansatz "Blogkrisen sind Motivationskrisen". Konkreter deshalb, weil (so meine Vermutung) konzeptionelle Überlegungen eher geeignet sind, die je eigene Motivation zu klären und daraus Konsequenzen zu ziehen.
Fragen also, so die Idee, könnten ein wertvoller Anstoss sein, der eigenen konzeptionellen Idee auf die Spur zu kommen, sie auszuarbeiten, zu klären und zu präzisieren, falls es sinnvoll erscheint.

1. Das Themenfeld

Manches ist für viele interessant, anderes für ganz bestimmte wenige - und manche Posts gehen komplett unter. Das erleben Medienleute und Buchautoren genauso - ein Buch kann mit viel Mühe und Arbeit geschrieben sein, wirklich gut fundiert und anspruchsvoll. Und trotzdem wenig Leser finden.
Ein Anderer scheiterte in seinem Beruf, schrieb eher nebenbei Romane und wurde als Arthur Conan Doyle berühmt. Sherlock Holmes - ist eigentlich ein Arzt und sein Autor auch, nur mit dem Unterschied, dass das Vorbild der Romanfigur Professor war, der Schreiberling mit seiner Arztpraxis aber keinen Erfolg hatte. Populistisch bloggen, um viele Leser anzuziehen - das ist eine müssige Angelegenheit, die schnell den Blick für die eigenen Interessen verdeckt. Frage also: was interessiert mich wirklich? Worüber kann ich etwas schreiben, das nicht unbedingt jeder schon weiss oder in tausend anderen Quellen auch fnden kann? Es geht dabei nicht nur um spezielle Hobbies oder ausgefallene Interessengebiete, es geht durchaus um Meinungen, persönliche Erfahrungen und Ansichten. Blogger sind meistens keine Journalisten - deshalb halte ich es auch nicht für angemessen, die Kriterien anzusetzen, die man an die Autoren eines Nachrichtenmagazins stellt. Lernen kann man trotzdem davon - und Erfahrungen sammeln, wie mühsam es sein kann, fundiert zu recherchieren, Aussagen abzustützen und nicht einfach etwas in den riesigen Raum des Internets zu stellen, das im ersten oder zweiten Kommentar in der Luft zerrissen wird. Bei allem Respekt vor dem, was "Hand und Fuss" hat, schätze ich als Leser aber auch das Vorläufige, Fragmentarische, Angerissene - denn oft genug regt es zum Mitdenken und Weiterdenken an. Blogs bilden - Meinungen, Perspektiven, Sichtweisen. Sie machen aufmerksam, regen neue Themen an, vermitteln in vielen Fragen einen anderen Blick. Das für den Blogger Bekannte und Vertraute bringt manche Leser auf neue Gedanken, zeigt auf, dass man so manches eben auch anders sehen kann.
Auch das kann eine Frage sein: will ich informieren, anregen, auf ein Problem oder ein Problemfeld aufmerksam machen, will ich Erfahrungen dokumentieren, suche ich vielleicht selbst Antworten und schneide Vorläufiges an, um "Stoff" zum Weiterdenken zu finden?

2. Die Zielgruppe

Spricht der Fotograf andere Fotografen an? Vielleicht. Dann interessiert auch die Technik, das Drumherum. Will ich einfach einmal Bilder ansehen, interessiert mich vielleicht mehr eine Geschichte drumherum, Gedanken, Zusammenhänge. Ob das alles professionell und perfekt ist, steht vielleicht zurück. Ein Bild, das dem Profi "schlecht gemacht" erscheint, kann trotzdem schön sein.
Blogs brauchen keinen Verlag - Grund genug, den Mut zur Vorläufigkeit, den Mut zum "Unprofessionellen" deutlich in die Mitte zu stellen. Mehr als Journalisten, die für eine Zeitung oder Autoren, die für einen Verlag schreiben, haben Blogger die Chance, im direkten Kontakt mit der Zielgruppe die Zielgruppe selbst zu gestalten und zu entwickeln. Das Dialogische zeigt sich im Laufe der Zeit recht deutlich - Themen aufzugreifen, die auf Interesse stossen, dort weiterzudenken, wo sich der Wunsch nach "mehr" artikuliert, das ist ebenfalls ein konzeptionelles Element. Pädagogen mögen es "Lebensweltbezug" oder "Teilnehmerorientierung" nennen. Aus sprechwissenschaftlicher Sicht wird aus dem "hörerbezogenen Sprechdenken" ein "leserbezogenes Schreibdenken". Also: ich schreibe jetzt im Moment für Blogger, die darüber nachdenken, wie sie ihr Blog gestalten wollen oder können. Möchte Anregungen geben, Denkanstösse, Fragen aufwerfen, ohne den Anspruch, allgemeingültige Regeln aufzustellen, die für alle und überall gelten sollen. Damit komme ich zum nächsten Punkt.

3. Blogziele

Wer sucht, der findet... manche Blogs sind in ihrer Zielsetzung sehr klar und transparent. Ziele können inhaltlich festgelegt sein, sich an Klärung und Aufarbeitung orientieren, kontaktbezogen sein. Recht häufig findet sich eine Mischung, die man mit dem Begriff "Infotainmentdialog" grob umreissen kann. So mancher, der unterhalten will, lässt eben dann und wann etwas Ernstes einfließen. Wenn der Ernst dann zu trocken wird, tut Auflockerung gut. Auch wenn es nur ein Bild oder ein Video ist. Das ist dann zwar nicht unbedingt eine großartige Leistung... aber ich bekenne: gelegentlich klicke ich eben auch einfach mal so ein Video an. Informieren, Unterhalten, Aufklären, Anregen - Bloggen ist rhetorische Kommunikation, medienvermittelte schriftliche rhetorische Kommunikation.

4. Design und Gestaltung

Es hat auch seinen Reiz, Entwicklungen in der Gestaltung, Ausarbeitungen im Design zu verfolgen. Das Feilen hier und da, die Beobachtung, wie sich Design und Gestaltung über Monate hinweg verändern und entwickeln, konzeptionelle Entwicklungen also, die sich unabhängig von den Inhalten zeigen, bringen etwas zum Ausdruck, das sich bei einem fertigen Buch nie verfolgen lässt - wenn man nicht gerade selbst Lektorat und Layoutgestaltung übernimmt und weiss, wie mühsam das sein kann. Experimente, neue Strukturen und Elemente, das Suchen und Tasten, Vorwärtsgehen und wieder korrigieren, wenn das Entwickelte dann doch nicht gefällt... es ist ein Stück Blogleben, das persönliche Entwicklungen transparent macht. Anfangs war ich von manchen Blogs einfach nur beeindruckt und dachte mir: so etwas bringe ich nie zustande. Heute ist mir klar: all das ist gewachsen und es steckt oft sehr viel Mühe, Lernen, Stöbern, Ausprobieren, Versuch und Irrtum, Scheitern und neues Tasten dahinter, bis ein komplexes Design so entstanden war, wie es sich nun zeigt. Ein gutes Design aufzugeben ist eine fragwürdige Angelegenheit - der Wiedererkennungswert hat sicher eine Bedeutung, ständig mit Neuem konfrontiert zu werden kann auch anstrengend werden.
Entwicklungen in Design und Gestaltung zeigen aber stets: da bewegt sich etwas, da lebt und entwickelt sich etwas.

Krisen gehören zum Leben, also darf auch ein Blog Pause machen, in eine Krise rutschen, untergehen oder mit einem neuen Akzent weiterleben. Das richtige Mass finden, die eigene Motivation klären und das Blogkonzept vor dem Hintergrund der je eigenen Lebensgestaltung entwickeln und ausarbeiten - vielleicht auch einfach wachsen lassen: dort irgendwo könnten die Ansatzpunkte für den Umgang mit Blogkrisen sein.

s. auch:
Bloggen - warum und wozu?
Ein Blogleben
Die Qualität eines Blogs

Mittwoch, 22. Juli 2009

Was machen die anderen?

Im Zusammenhang der Frage nach dem Sinn oder Unsinn von Blogs wollte ich einmal wissen, wie gross denn das Interesse an den Lebenskonzepten anderer Menschen ist. Dazu gibt es eine Umfrage bei Statista, in der genau dieses Thema untersucht wurde. 19210 Personen ab 14 Jahre wurden dazu befragt, die Erhebung fand im Frühjahr und Sommer 2006 statt.

Mit einem Durchschnittswert von 3,8 liegen die Frauen gegenüber dem Wert von 3,5 bei Männern vorn: das Interesse an dem, was andere aus ihrem Leben machen, ist größer. Die Skala wurde von 1 bis 6 gestaltet, zusammenfassend ergibt sich also ein durchschnittliches Interesse von "eher ja".



Ein leichter Trend zeigt sich dabei in Abhängigkeit vom Haushaltseinkommen - Leute, die wenig Geld haben, interessieren sich auch weniger für das, was andere aus ihrem Leben machen.



Zum Vergleich: die Frage "Merken Sie in manchen Lebensbereichen, dass andere sich nach Ihnen richten" zeigt im Vergleich der Geschlechter den gegenläufigen Trend. Männer haben eher den Eindruck, "Orientierungsmarke" zu sein als Frauen.



Auch hier gibt es einen einkommensabhängigen Trend, der etwas deutlicher ausfällt als bei der ersten Frage.



Die Zahlen möchte ich einmal so stehen lassen - welche Schlussfolgerungen sich daraus ableiten lassen, soll als Denkanstoss offen bleiben. Insgesamt aber lässt sich die Frage, ob und inwieweit die eigene Lebensgestaltung an den Vergleich mit anderen gebunden ist, selbst als Bestandteil des Lebensentwurfs betrachten. Irgendwo zwischen den Polen "ich tue das, was ich für richtig halte, was andere machen ist mir gleichgültig" und "ich orientiere mich an dem, was andere tun" wird sich wohl jeder und jede finden können. An wem man sich dabei orientiert, ob es um Interesse oder Angleichung geht und in welcher Frage welcher Grad an Autonomie sinnvoll ist - das ist ein weites Feld.

s. auch:
Interessen im Gespräch

Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Widersprüche


1. Manches haben wir mit allen Menschen gemeinsam.
2. Manches haben wir mit vielen Menschen gemeinsam.
3. Manches haben wir mit einigen Menschen gemeinsam.

4. Manches unterscheidet uns von allen anderen Menschen.
5. Manches unterscheidet uns von vielen anderen Menschen.
6. Manches unterscheidet uns von einigen anderen Menschen.

7. Gäbe es keine Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen,
könnten wir uns nicht miteinander verständigen.
8. Gäbe es keine Unterschiede zwischen den Menschen,
gäbe es keinen Grund, sich miteinander zu verständigen.
9. Gäbe es keine Widerprüche zwischen den Menschen,
gäbe es keinen Grund, danach zu fragen, was gut, richtig, wahr usw. ist.

10. Unterschiede können Widersprüche sein,
können aber auch nur als Widerspruch interpretiert werden.
11. Unterschiede können entstehen, wenn Gemeinsamkeiten als Unterschiede,
Unterschiede als Gemeinsamkeiten wahrgenommen werden.
12. Gemeinsamkeiten sind die Grundlage, Unterschiede der Anlass
und möglicherweise Thema der Verständigung.

13. Verständigung kann dazu führen, dass aus Unterschieden Widerprüche entstehen,
die Gemeinsamkeiten in den Hintergrund treten lassen.
14. Es scheint den Menschen gemeinsam zu sein, dass ihnen Unterschiede und Widersprüche schneller ins Bewusstsein dringen, obwohl sie nach Gemeinsamkeiten suchen.
15. Verständigung kann dazu führen, dass hinter Widersprüchen
Unterschiede erkennbar werden, aus denen neue Gemeinsamkeiten entstehen.

16. Manchmal sind es gerade die Unterschiede, die Gemeinsamkeiten stiften.
17. Unterschiede, die nicht als Widerpruch wahrgenommen werden,
können zusammen passen oder nicht.

18. Gemeinsames entsteht häufig aus der Passung von Unterschieden,
der Toleranz gegenüber Widersprüchen und
der Betonung der Gemeinsamkeiten trotz aller Unterschiede und Widersprüche.

Dienstag, 21. Juli 2009

Brainstorming: Ideen über Ideen

Ups, beinahe hätte ich es vergessen... durch das Thema "Bloggerschwund" ist der Gedanke, einmal wieder auf das Thema Brainstorming aufmerksam zu machen, auf neue Art aktuell geworden. VIelleicht kann sich der eine oder die andere davon inspirieren lassen?
Neues, Interessantes, Kurioses... ab und zu lohnt es sich, auf www.brainr.de zu stöbern.
Ein paar Brainstormings habe ich hier einmal zusammen gestellt. Nur mal so als Idee...
Wer will, kann natürlich selbst ein Brainstorming eröffnen.

Anbaggern

Besonders gut

Chancengleichheit

Dumme Fragen

Essen

Ferien

Geschmack

Hunde

Innovation im Alltag

Jugend

Kunst

Lebensqualität

Mittel und Wege

Nur Männer bitte!

Orte

Pflanzen

Querdenker

Ratlos

Sonne

Traum

Unsinn

Verein

Wohlbefinden

XY... Fehlanzeige

Zaubern


Bloggen: warum und wozu?

Der Bloggerschwund... ein interessantes Phänomen, dem sich der Ecki in seiner Blogschau vor längerer Zeit auch einmal gewidmet hatte. Einige Zeit später bezeichnete er sich als Ex-Blogger. Dass Blogs entstehen, wachsen und gedeihen und dann plötzlich verschwinden, ist zunächst einmal eine Tatsache. Über die Gründe kann man spekulieren, manche machen es auch deutlich.

Vielleicht war es der Reiz des Neuen, der einen Anfang interessant erscheinen liess. Dann kommen die Probleme, vielleicht wenig Besucher, wenig Kommentare, oder nicht die Art von Kommentaren, die erwünscht war. Vielleicht setzt sich die Erkenntnis, dass es eben doch nicht so einfach ist, mit einem Blog reich zu werden... Vielleicht sind andere Dinge wichtiger geworden.

Vielleicht ist es für manche eine gute Entscheidung...

Wann ist es Zeit, mit dem Bloggen aufzuhören? Fragt Kerstin Hoffmann.
In den Kommentaren dazu taucht die Frage des Erfolgs auf. Wann ist ein Blog erfolgreich? Woran lässt sich der Erfolg bemessen? Die Frage nach dem Erfolg ist auch eine Frage der Qualität - und die Antworten sind irgendwo immer subjektiv. Manche schreiben vielleicht, weil sie Spass daran haben und irgendwann hat sich das Hobby dann totgelaufen. Keine Ideen mehr. Zuviel Aufwand. Mögliche Gründe gibt es viele.

Bloggen ist eine Form der Kommunikation. Und da mag es Zeiten geben, in denen es "nichts Wichtiges zu sagen gibt". Während in realen Alltagsbeziehungen allerdings eine "Verpflichtung zum Engagement" im Sinne von Erwin Goffman besteht, kann man sich aus dem Internet leicheter zurückziehen... aber das ist als Erklärung auch nicht hinreichend.

Drehen wir den Spiess einmal um - Blogs brauchen immer wieder neue Impulse, neue Anregungen, etwas Frisches. Und vielleicht gehört auch eine Pause einmal dazu, um die Gedanken neu zu ordnen, neue Themen zu entdecken, sich das eine oder andere einmal in aller Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. Zumindest brodelt bei mir gelegentlich auch so manches, das noch nicht reif ist, noch nicht zu Ende gedacht oder irgendwie im Moment nicht zu passen scheint.

Die Frage werfe ich einfach einmal in den Raum... was motiviert zum Bloggen? Welche Ansprüche sind damit verbunden und was ist dabei realistisch? Kurz: warum und wozu bloggen die Blogger eigentlich?

Freitag, 17. Juli 2009

Argumentationsstrukturen rund um die Mondlandung

Der Artikel über die Mondlandung und die Verschwörungstheorie hatte noch einen Hintergrund, der sich nun zeigen wird... Die Frage nach den Argumentationsstrukturen nämlich. Was kommt denn dabei heraus, wenn sich seines Verstandes bemüht? Wie kam die Verschwörungstheorie eigentlich zustande und welche Argumentationsmuster wurden zu ihrer Begründung eingesetzt?

Ein Argument für die Behauptung, die Mondlandung habe nie stattgefunden, bezieht sich auf die "wehende Fahne". Die Argumentationsstruktur lässt sich etwa so darstellen.

1. Die Videoaufzeichnungen zeigen, dass die Fahne im Wind weht.
2. Auf dem Mond gibt es aber keinen Wind.
3. Also kann die Aufnahme nicht auf dem Mond gemacht worden sein. Die Aufnahme ist gefälscht.

In sich ist die Argumentation logisch schlüssig - der kritische Punkt dabei ist die Formulierung "im Wind wehen". Denn das ist bereits eine Interpretation, die lediglich die Beobachtung beschreibt, dass sich die Fahne bewegt. Nüchtern betrachtet kann es viele Gründe geben, warum sich ein Gegenstand bewegt. "Wind" ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Wenn die Bewegung durch den Astronauten ausgelöst wurde, der die Fahne in den Boden steckt, fällt die gesamte Argumentation in sich zusammen. Wenn die Voraussetzung falsch ist, sind auch die logischen Schlussfolgerungen falsch. Die Erkenntnis, die sich daraus gewinnen lässt: sich seines Verstandes zu bedienen heisst auch, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen, von denen ein bestimmter Argumentationsgang ausgeht, zutreffend sind.

Alle Argumente der Verschwörungstheorie durchzugehen - das spare ich mir. Die Erläuterungen auf der Internetseite des WDR erklären, warum die wichtigsten Argumente nicht zutreffend sind.

Gleichzeitig wird dabei ein Grundprinzip wissenschaftlicher Argumentation deutlich. Im Zweifelsfall dient ein Experiment dazu, herauszufinden, ob eine bestimmte Aussage nun zutrifft oder nicht - das menschliche Auge unterscheidet sich eben von einer Kamera. Verfolgt man die Argumentationslinien weiter, bleibt eine zentrale Frage übrig, die Prof. Harald Lesch am Anfang seiner Darstellung andeutet. Wie sollten sich 400.000 Menschen sich zu einer Verschwörung zusammenfinden und dabei noch Wissenschaftler der damaligen UdSSR miteinbeziehen, die damals den USA als Machtblock im Kalten Krieg gegenüber standen?

Was bei der Frage begann, ob es sein kann, dass die Aufzeichnungen der NASA so viele merkwürdige Aspekte beinhalten, endet bei der Frage, wie es sein kann, dass sich angeblich so viele Menschen zu einem enormen gemeinsamen Betrug zusammen finden können sollen. Oder - bei der Frage, wie es sein kann, dass so viele an eine Verschwörung glauben, wenn sich die Zweifel an den Aufzeichnungen häufen.

Bleibt ein weiterer Aspekt, der in den gesamten Argumentationslinien eine große Rolle spielt: die Glaubwürdigkeit der Person, von der eine bestimmte Behauptung stammt. Die Logik einer Verschwörungstheorie schließt sich dabei gewissermassen selbst ein und immunisiert sich als Gedankengebäude selbst. Denn wer daran glaubt, wird natürlich alle Andersdenkenden in die Gruppe der Verschwörer einordnen. Dann würde ein Experte, der sich als Physiker zu physikalischen Sachverhalten äußert, seine Glaubwürdigkeit verlieren. Beziehe ich mich auf einen Wissenschaftler, werde ich leicht ebenfalls zu einem Verschwörer... Schließlich gibt es nur noch Gläubige und Ungläubige, die Verschwörung weitet sich aus. Wer einmal in der Psychiatrie gearbeitet hat, erkennt den fließenden Übergang zum Verfolgungswahn. Verschwörungstheorien können sich bis an den Rand der Psychose entwickeln.

Zu den Verschwörungstheorien bezüglich der Mondlandung gibt es ein Stichwort bei Wikipedia -
mit interessanten Hinweisen auf den Wirbel, den diese Theorien ausgelöst haben. Die Frage nach Argumentationsstrukturen zielt darauf ab, herauszufinden, warum sich solche Theorien überhaupt entwickeln und verbreiten können.
Behauptungen, die sich leicht überprüfen lassen, haben eine kurze Lebensdauer, wenn sie nicht stimmen. Verschwörungstheorien (und es geht dabei nicht nur um die Frage der Mondlandung) funktionieren auf der Grundlage vieler Behauptungen, die sich schwer überprüfen lassen, komplizierte Sachverhalte betreffen, die nur von wenigen Fachleuten wirklich fundiert beurteilt werden können. Umfangreiche Darstellungen widerlegen die Verschwörungstheorie zur Mondlandung Punkt für Punkt - die systematische Gegenargumentation, konkrete Experimente und Belege bringen eine solche Theorie schließlich zu Fall.
Vorausgesetzt, die Gegenargumente sind stichhaltig und werden nicht wiederum durch Gegenargumente entkräftet. Gernot Geise zumindest wirft dem Team von Galileo Falschaussagen und mangelhafte Recherche vor. Nur - selbst dann, wenn man akzeptiert, dass die Galileodokumentation keinen endgültigen Beweis dafür liefert, dass die Mondlandung 1969 wirklich stattgefunden hat, lässt sich daraus nicht ableiten, dass sie eben doch gefälscht war.

Wie sieht das denn nun aus mit der Mündigkeit? Was ist wirklich Aufklärung und wo beginnt die Pseudoaufklärung? Welche Kriterien sind zuverlässig, wenn es darum geht, zu beurteilen, ob eine bestimmte Aussage denn nun stimmt oder nicht? Auf die direkte eigene Erfahrung können sich bezogen auf die Mondlandung die wenigsten beziehen. Bleibt also die Frage der Glaubwürdigkeit - wem nehmen wir etwas ab und wem nicht? Was "im Fernsehen kommt", muss noch lange nicht stimmen. Was im Internet steht, muss noch lange nicht stimmen. Was in einem Buch schwarz auf weiss gedruckt steht, muss auch nicht stimmen. Bilder und Videoaufnahmen können prinzipiell auch gefälscht sein. Journalisten und Sachbuchautoren können sorgfältig recherchieren oder auch nicht. Schlussfolgerungen sind ein Ansatzpunkt: sind sie logisch schlüssig oder nicht? Voraussetzungen sind ein Ansatzpunkt: wenn sie nicht stimmen, wird jede Ableitung fragwürdig. Qualifikationen sind ein Ansatzpunkt - wenn es um Fragen der Physik geht, liegt es nahe, eher dem zu vertrauen, was Physiker sagen. Offizielle Stellen sind ein Ansatzpunkt - privat kann jeder viel behaupten, Institutionen, die auf ihren Ruf bedacht sind, werden sich eher überlegen, was sie nach aussen präsentieren. Nicht zuletzt ist die Wissenschaft ein Ansatzpunkt, um Aussagen zu beurteilen. Wenn eine Theorie stimmt, lässt sie sich auch bestätigen - je mehr Belege es gibt, umso höher wird ihre Glaubwürdigkeit. Dort, wo Lücken sind, bleiben aber auch Fragen offen. Und damit bleibt die Frage, ob die Mondlandung denn nun wirklich stattgefunden hat, letzten Endes eben doch eine Glaubensfrage. Jene, die auch heute noch glauben wollen, dass das alles nur Schummel war, werden genug Material finden, um ihre Überzeugung zu untermauern. Vor allem dann, wenn bestimmte Dinge systematisch ausgeblendet werden.
Im Prinzip könnte ja hinter vielen Dingen eine Verschwörung stehen... es ist erstaunlich genug, wieviele Verschwörungen es angeblich schon gegeben hat. Irgendwie klingt das vernünftig, von Beobachtungen auszugehen und daraus Schlussfolgerungen abzuleiten. Es geht aber auch anders herum.
In einem Spruch kommt diese Methode klar zum Ausdruck: "Meine Meinung steht fest, bitte verwirren Sie mich nicht mit Tatsachen!". Wenn ich meine bisherigen Recherchen zusammenfasse, entsteht ein stabiler werdender Eindruck: diejenigen, die sich gegen Verschwörungstheorien aussprechen, argumentieren meistens auf einer wissenschaftlichen Grundlage und beziehen sich auf Tatsachen. Dass seltsame Theorien so viel Staub aufwirbeln, kann nur eines bedeuten: so selbstverständlich ist das wissenschaftliche Denken im Alltag nicht. Vielleicht ist es doch dem einen oder der anderen zu mühsam.

Dienstag, 14. Juli 2009

Die Mondlandung: alles Schummel?

20. Juli 1969 - oder 21. Juli 1969, vier Uhr morgens, mitteleuropäische Zeit. Schwarzweiss konnte man sie sehen, die ersten Schritte auf dem Mond. Ich war auch dabei - mitten in der Nacht geweckt saß ich also vor der Kiste und konnte nur staunen.



Das Video wurde 2.312.529 mal aufgerufen, 24.814 mal kommentiert (Stand 14. Juli 2009).

16. Januar 2004:
Spiegel Online veröffentlicht eine Darstellung, in der die Mondlandung als "teuerste Filmproduktion aller Zeiten" erscheint - wenn man Gernot Geise glaubt, der sich auf den Van-Allen-Strahlungsgürtel bezieht. Gedreht wurde also in Hollywood, in Wirklichkeit aber war nie jemand auf dem Mond. 1974 wurde die Verschwörungstheorie zum ersten Mal publiziert, aber erst nach der Jahrtausendwende wurde sie populär. Die Amerikaner begannen zu zweifeln... war alles Schummel?

2001 begann
Uwe Rexin damit, die einzelnen Argumente für die Fälschung der Mondlandung zu sammeln - und jeden einzelnen Punkt zu widerlegen. Flatterte die amerikanische Flagge, obwohl die das ohne Luft doch gar nicht kann? Warum sind die Sterne auf den Aufnahmen nicht zu sehen? Waren die Astronaten tödlicher Strahlung ausgesetzt, hätten also den Flug zum Mond gar nicht überleben können?

Spiegel TV: War die Mondlandung echt? In fünf Teilen ist die Sendung zur Verschwörungstheorie abrufbar. Die Zweifler kommen ausführlich zu Wort....




Noch einer soll zu Wort kommen: Harald Lesch, Professor für theoretische Physik in München, braucht "Beruhigungskarten", weil er sich über die Geschichte aufregt.



Am Ende des zweiten Teils kommt Harald Lesch noch einmal auf Kant zu sprechen. "Es ist so bequem, unmündig zu sein". Wer es nicht sein will, kann sich anhand des Materials ein fundiertes Urteil bilden.

Macht Schnelldenken Laune?

Macht Schnelldenken Laune? Das Phänomen des Gedankenrasens ist ein Symptom der Manie, scheint also zunächst etwas "Krankes" zu sein. Als Alltagsphänomen tritt es aber auch auf, wenn uns etwas bewegt, aufregt oder begeistert. Brainstormingsitzungen, neue Ideen, aufregende neue Erkenntnisse können die grauen Zellen mächtig in Schwung bringen. Muss das ein Problem sein?

Emily Pronin (Universität Princeton) und Daniel Wegner (Harvard University) wollten es wissen. Versuchspersonen sollten kurze Aussagen lesen, eine Gruppe schön langsam, eine andere sehr schnell. Die Geschwindigkeit wurde dabei über die durchschnittliche Lesegeschwindigkeit definiert. Langsam bedeutete also mit halber Lesegeschwindigkeit, schnell mit doppelter Lesegeschwindigkeit. Anschließend sollten die Versuchspersonen ihre Stimmung einschätzen, ihr Energieniveau angeben und ihre Selbsteinschätzung dokumentieren. Ein Teil der Versuchspersonen bekam depressive Aussagen zu lesen, ein anderer positive, aufmunternde Sätze.

Unabhängig vom Inhalt führte die Aufforderung zum schnellen Lesen zu einer deutlichen gehobenen Stimmung, mehr Energie, einer höheren Selbsteinschätzung. Man kann aus diesem Ergebnis den Schluss ziehen, dass sich depressive Stimmungen auch dann aufhellen lassen, wenn die Inhalte selbst unverändert bleiben - einfach durch eine Beschleunigung des Denkvorgangs. Auch im Alltag könnte sich zeigen, dass schnell aufeinanderfolgende Impulse von aussen Gedanken auf Trapp bringen, die sich sonst nur mühsam durch die Hirnwindungen schleichen.

Vielleicht ist das einen persönlichen Versuch wert. Die Frage ist, ob eine ausführliche Erörterung der Grundfragen menschlicher Motivation, welche sich in differenzierten Überlegungen auslässt, dabei mit aller Sorgfalt auch den hintersten Winkel möglicher Variationen und individueller Abweichungen berücksichtigt, somit eine eher langsame Denkart fordert, um wirklich jedem Seitenweg folgen zu können, günstig auf Stimmung und Energie auswirkt. Motivierender sind eher kurze Sätze. Anpacken. Weg damit. Los geht's.

Quelle: Science Daily


Donnerstag, 9. Juli 2009

Nimm den Mund nicht zu voll

Eine allgemeine Weisheit, die sich gelegentlich bewährt: den Mund sollte man nicht zu voll nehmen, auch wenn man "eine große Klappe hat". Irgendwann wird es schwierig, noch verständlich zu sein... Immerhin: hier zeigen zwei Künstler, dass man trotzdem noch Töne von sich geben kann.

Kritikbereitschaft: Kritik annehmen

Kritikbereitschaft hat zwei Seiten - als Bereitschaft, Kritik zu äußern, scheint sie für manche recht angenehm zu sein. Als Bereitschaft, Kritik anzunehmen, eher nicht. Zumindest drei Aspekte sind dabei von Bedeutung: der Inhalt, die Form und - nicht zuletzt - wer da kritisiert. Genauer: wer, in welcher Rolle, in welcher Situation, wer sonst noch anwesend ist. Ein Grundproblem, das in öffentlichen Beziehungen, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Beratungsituationen und therapeutischen Zusammenhängen eine Rolle spielt, ist das angenommene Interventionsrecht - die Annahme also, dass ein Lehrer, Berater, Vorgesetzter, Erzieher, Therapeut usw. natürlich "etwas sagen darf", das Recht auf Kritik hat und bei Bedarf eben auch etwas Unangenehmes zum Ausdruck bringen kann. Die Frage ist, ob diese Kritikbereitschaft aus der jeweils anderen Perspektive auch akzeptiert wird.
Von wem also lassen sich die Menschen etwas sagen, wer darf auch Unangenehmes äußern?


Die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die hier statistische Aussagen macht, ist bereits im Jahr 2006 durchgeführt worden. Bei 22358 Befragten (Alter: ab 18 Jahre) kann man von einer breiten Datenbasis ausgehen, die Fragestellung zur Kritikbereitschaft ist auch nur ein Teil des Sozioökonomischen Panels.
Ob sich in den letzten drei Jahren an diesen Zusammenhängen wohl sehr viel verändert hat? Selbst dann, wenn man einen gewissen Spielraum lässt und mögliche Entwicklungen einkalkuliert, bleibt der Trend des Ergebnisses ziemlich eindeutig. Was man eindeutig sagen kann: es gibt Unterschiede.
Die Bereitschaft, sich "unangenehme Wahrheiten" anzuhören, ist nicht in allen Beziehungen gleich stark ausgeprägt, Kritik wird nicht automatisch von jeder x-beliebigen Person akzeptiert. Es wird wohl auch darauf ankommen, worum es gerade geht... der Begriff "unangenehme Wahrheiten" zielt auf die empfindlichen Bereiche ab, Verhaltensweisen, Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale also, die nicht gerne wahrgenommen werden, als problematisch oder konfliktbesetzt erlebt werden. Naheliegend scheint zu sein, dass eher nahe Bezugspersonen solche Dinge sagen dürfen, Partner, Freunde, Eltern.


Die ausgewählte Darstellungsform berücksichtigt die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Männer sind blau dargestellt, Frauen in orange.





Partner stehen also ganz oben - sie haben die größten Chancen, auch unangenehme Dinge sagen zu dürfen. Logischerweise entstehen dabei dann aber auch die schwierigsten Konflikte. Für manche veilleicht überraschend: zwei Drittel der Männer geben ihre Partnerin als die Person an, die am ehesten etwas Unangenehmes sagen darf, bei den Frauen ist es etwas mehr als die Hälfte. Bei den Familienangehörigen steht ganz oben die Mutter - die Tochter taucht bei den Frauen noch mit 9,2% auf. Alle anderen Familienangehörigen haben bei heiklen Themen nicht viel zu melden. Entferntere Verwandte, Stiefeltern, Vorgesetzte und "bezahlte Helfer" (darunter fallen wohl alle professionellen Ärzte, Berater, Therapeuten, Erzieher usw.) haben hier "nichts zu melden".


Es gibt einige interessante Alterstrends: bei den 18-19-Jährigen rangiert die Mutter mit 48,5% auf Rangplatz 1 - die Partner haben statistisch (13,8%) noch recht wenig zu sagen. Dieser Prozentsatz steigt bei den 20-29 Jährigen auf 38,7% an und erreicht ab dem 30. Lebensjahr die Zweidrittelmarke (68,8%). Gleichzeitig nimmt die Bedeutung der Mutter kontinuierlich ab. Die Tochter dagegen (falls vorhanden) gewinnt an Bedeutung und erreicht bei den über 70-Jährigen immerhin einen Stellenwert von 21 Prozent.


Wie sieht es denn nun bei Leuten aus, die gar keine Partner haben? Verheiratete nennen zu 84,8% Ehepartner/in als erste Person, die etwas Unangenehmes sagen darf, bei nicht Verheirateten sind es 63,8%. Bei Singles - 1,9%, hier tritt wieder die Mutter mit 28,6% in den Vordergrund, gefolgt von Tochter, Sohn und Schwester.


Die Ergebnisse scheinen mir recht bedeutsam - auch wenn in modernen Zeiten des Internets viel Privates öffentlich wird, bedeutet das noch lange nicht, dass alle das Recht haben, sich gegenseitig "die volle Wahrheit" zu sagen. Auch innerhalb der Verwandtschaft, am Arbeitsplatz, selbst in professionellen Beziehungen, die als vertraulich gelten, ist die Bereitschaft sehr gering, sensible Bereiche der Kritik auszusetzen. Privates will also privat bleiben - die besten Chancen, unangenehme Wahrheiten so zu vermitteln, dass sie auch angenommen werden, bestehen in einer engen Partnerschaft. Alle anderen, sofern sie nicht eine besondere Beziehung entwickelt haben, sollten also besser vorsichtig sein, wen sie in welcher Frage mit unangenehmen "Wahrheiten" (auch das ist schon eine bedenkenswerte Formulierung) konfrontieren. Denn selbst dann, wenn die Inhalte und die Form gut durchdacht sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese Äußerungen nicht akzeptiert werden.


Es gibt noch eine Statistik aus der erwähnten Befragung, die in diesem Zusammenhang wichtig ist: die Anworten auf die Frage "Gibt es eine Person, die Ihnen auch mal unangenehme Wahrheiten sagen kann/darf?"





Die meisten (86% der über 18-Jährigen) hören sich unangenehme Dinge überhaupt nicht gern an. Egal, von wem es kommt. Für manche ist vielleicht auch das eine "unangenehme Wahrheit". Also: ich habe nichts gesagt! Nur aufgeschrieben, damit es lesen kann, wer mag - oder auch nicht. Die Empfehlung, in Gesprächssituationen, Diskussionen und noch mehr in emotional aufgeladenen Konfliktsituationen sehr vorsichtig mit dem Selbstbild des oder der anderen umzugehen, hat jedenfalls eine solide emprische Grundlage.

Mittwoch, 8. Juli 2009

Ablehnungssensibilität

Mit dem Begriff "Ablehnungssensiblität" meine ich das Phänomen, dass Menschen unterschiedlich stark auf Ablehnung reagieren, unterschiedlich empfindlich sind, was reale oder vermeintliche Ablehnung betrifft. Am deutlichsten wird dieser Effekt, wenn jemand ein Selbstbild entwickelt hat, das durch negative Schemata geprägt ist wie "keiner mag mich" oder "ich bin einfach doof, uninteressant" usw.
Es gibt noch weitere Zusammenhänge, die hier eher als Denkmodell und nicht als bereits ausgearbeitete Theorie vorgestellt werden sollen. Der Grundgedanke dabei ist die Vorstellung, dass die Reaktionen auf andere Meinungen, wertende oder kritische Bemerkungen von Interpretationsmustern abhängt, die sich in Form von Schemata (also formulierten Sätzen, die selbstwertbezogene Überzeugungen beschreiben) darstellen lässt. Verschiedene Ausprägungen müssten sich dann in Unterschieden bezüglich der Ablehnungssensibilität niederschlagen. Im Grunde interessiert mich dabei mehr das Individuum als eine statistische Gesetzmässigkeit. Frage also: wie geht es einer bestimmten Person mit verschiedenen Interpretationsmustern?
Wer das Kommunikationsmodell Schulz v. Thuns kennt, kann zu der Schlussfolgerung gelangen, dass Menschen, die stark auf dem "Beziehungsohr" hören, empfindlicher auf Kritik reagieren als Leute, die sich mehr auf das "Sachohr" konzentrieren. Die individuelle Frage dabei ist: komme ich besser mit anderen Meinungen, Einwänden und Kritik zurecht, wenn ich mich mehr auf die sachlichen Aspekte konzentriere?
Nach Interpretationsmustern zu fragen öffnet noch weitere Möglichkeiten.
Als Beispiel:

"Wer eine andere Meinung vertritt, lehnt mich ab"

Es geht hier nicht um die Frage, ob das wirklich so ist, sondern wie die Äußerungen anderer Meinungen interpretiert werden - dort wo dieses Schema wirksam ist, müsste (so meine Hypothese) eine erhöhte Ablehnungssensibilität auftreten. Ganz anders dürften das innere Erleben aussehen, wenn ein anderes Schema wirksam ist, etwa:

"Andere Meinungen sind anregend"

Die Konsequenzen können dabei unterschiedlich sein - gekoppelt an das Motiv, andere von der je eigenen Meinung zu überzeugen, wird eher ein Streitgespräch entstehen. Unterschiede werden sich auch ergeben, wenn nicht das Rechtbehaltenwollen im Vordergrund steht, sondern Kontakt und Austausch sich - wenn es mehr um das "Streiten an sich" geht und es dabei nebensächlich ist, was von der eigenen Auffassung am Ende noch übrigbleibt, sind andere Auffassungen keinesfalls ein Zeichen von Ablehnung.

Verstehen ist immer ein "Verstehen-als". Finden sich in der Kommunikationsbiographie prägende Erfahrungen, in denen die eigene (abweichende) Meinung als "falsch", "dumm" oder "inakzeptabel" bezeichnet wurde, liegt es nahe, von einer erhöhten Ablehnungssensibilität auszugehen. Wer dagegen häufiger die Erfahrung gemacht hat, dass kontroverse Aufassungen sehr spannend sein können, das Streiten (verstanden als argumentative Auseinandersetzung, in der es um die Sache geht und nicht darum, sich gegenseitig "fertig zu machen") Spass machen und den Horizont erweitern kann, wird ganz anders reagieren können.

In Konfliktsituationen zu berücksichtigen, dass in der eigenen Biographie, aber auch bei anderen möglicherweise Kommunikationsnarben entstanden sind, die sich in erhöhter Ablehnungssensibiltät niederschlagen können, bedeutet konkret, nach solchen Interpretationsmustern zu fragen. Dort, wo es möglich wird, die Schemata zu erkennen und zu bearbeiten, die für empfindliche Reaktionen verantwortlich sind, zeigen sich Ansatzpunkte, anders zu reagieren. Gibt es in diesem Zusammenhang auch "gesunde" oder "realistische" Schemata?
Als generalisierte Haltung ist die erste Variante ("wer eine andere Meinung vertritt, lehnt mich ab") problematisch. Realistisch (aus meiner eigenen Lebenserfahrung heraus) ist die Annahme, dass andere, auch gegensätzliche Auffassungen keinesfalls automatisch "Ablehnung" bedeuten. Hilfreich also müsste es sein, wenn sich die Erfahrung kontroverser Auseinandersetzungen mit angenehmen Gefühlen verbinden lässt - wertvoll also ist demnach das Erlebnis, "anders denken zu dürfen" und auch mit vorläufigen, wenig durchdachten, fragwürdigen Ansichten angenommen zu sein. Dort nämlich entsteht die Freiheit, im Gespräch über das eine oder andere nachzudenken, eigene Standpunkte neu zu formulieren und Einwände zu berücksichtigen.

Der Zusammenhang verschiedener Rollensegmente wirft weitere Fragen auf: ist Ablehnungssensibilität ein Persönlichkeitsmerkmal, das in verschiedenen Rollensegmenten unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann? Zumindest theoretisch wäre es möglich, dass jemand in der Rolle als Fachmann (oder Fachfrau) souverän mit Kritik umgehen kann, fundiert und sicher argumentieren kann, durch Fragen oder Einwände nicht aus der Ruhe zu bringen ist. Geht es dagegen um persönliche Fragen und private Dinge, könnte eine weitaus höhere Sensibilität zu Problemen führen, auch dort souverän mit Einwänden umzugehen. Auch die umgekehrte Situation ist denkbar. Was den einen auf die Palme bringt, lässt den anderen völlig kalt. Was mich in einem bestimmten Rollensegment reizt und herausfordert, offensive Kontaktaufnahme auslöst, führt in einem anderen vielleicht zu Frustration und Rückzug.

Sich all diese Dinge bewusst zu machen ist alles andere als leicht. Ablehnung zu erfahren ist unangenehm. Aber es ist ein Unterschied, ob man sich abgelehnt fühlt oder wirklich abgelehnt wird. Täuschungen, Irrtümer und Missverständnisse sind allgegenwärtig. In Wirklichkeit könnte so manches auch irgendwie ganz anders sein. Es gibt noch einen Spruch: "diejenigen, die mich mögen, kennen mich, diejenigen, die mich nicht mögen, können mich". Dass sich alle in allem einig sind oder werden, das ist eine Utopie und nicht einmal eine wünschenswerte. Was auch immer ich wie auch immer betrachte - irgendjemand auf der Welt wird es ziemlich sicher anders sehen. Und?



Dienstag, 7. Juli 2009

Selbsthilfe: Selbstbewusst durch Ratgeber?

Kann man Selbstbewusstsein lernen? Ist alles nur eine Frage des Denkens, kommt es nur darauf an, sich selbst die richtigen Sätze zu sagen? Was bringen Selbsthilferatgeber und wo sind die Grenzen?
Positives Denken ist ein Ansatz, der interessant erscheint, wenn Zweifel und Ängste da sind, wenn daraus das Bedürfnis entsteht, sich irgendwie selbst wieder aufzubauen. Ratgeber versprechen Hilfe und geben Anweisungen, was und wie am besten gedacht werden soll. "Ich bin liebenswert" und "ich werde erfolgreich sein", solche Sätze also soll man an sich selbst richten. Und dann - wird alles gut.
Eine gewisse Skepsis scheint mir hier schon länger angebracht...
Positives Denken - was ist dran?

Positive Selbstaussagen können auch unerwünschte Effekte nach sich ziehen. In Waterloo (war da nicht noch etwas anderes los...?) untersuchten Joanne V. Wood and John W. Lee mit W.Q. Elaine Perunovic aus New Brunswick die Frage, ob solche Aussagen wirklich helfen. Und kamen zum Ergebnis, dass gerade jene, die über ein schwaches Selbstwertgefühl verfügten, sich noch schlechter fühlten, wenn sie sich solche Aussagen durch den Kopf gehen liessen.

Die Methode: Versuchspersonen wurden in zwei Gruppen eingeteilt - starkes und schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl. Anschliessend sollten sie sich die Aussage "ich bin eine liebenswerte Person" durch den Kopf gehen lassen. Gemessen wurde dann die Gefühle und die Selbsteinschätzung.

Das Ergebnis: Versuchspersonen mit schwach ausgeprägtem Selbstwertgefühl ging es nach der Auseinandersetzung mit der Aussage "ich bin eine liebenswerte Person" deutlich schlechter - im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die keine Aussage zu lesen bekam. Versuchspersonen mit starkem Selbstwertgefühl fühlten sich etwas besser, wenn sie die Aussage gelesen hatten.

In einer weiteren Studie sollten die Versuchspersonen positive und negative Aussagen über sich selbst aufschreiben. Merkwürdigerweise fühlten sich die Personen mit schwach ausgeprägtem Selbstwertgefühl besser, wenn auch negative Aussagen erlaubt waren - die Aufforderung, sich nur auf die positiven Gedanken zu konzentrieren, brachte keine Stärkung des Selbstwertgefühls mit sich.

Die Interpretation: die Autoren ziehen den Schluss, dass positive Aussagen bei Personen mit schwach ausgeprägtem Selbstwertgefühl zu gegenläufigen Gedanken führen können, die die positiven Aussagen überdecken. Positive Affirmationen helfen also jenen, die sie im Grunde nicht brauchen - und schaden eher bei jenen, für die sie eigentlich gedacht sind.

Die Ergebnisse stimmen nachdenklich. Selbstbewusstsein - oder sagen wir genauer: Selbstsicherheit - lässt sich nicht einfach mit entsprechenden positiven Selbstaussagen erreichen. Gerade jene, die es am meisten brauchen könnten, nehmen sich selbst solche Aussagen einfach nicht ab. Das Selbstbild lässt sich nicht einfach so "zurechtdenken". Die Ergebnisse sprechen auch für Konzepte zum Selbstsicherheitstraining, in denen konkrete Übungen enthalten sind. Sicherheit und damit verbunden eine höhere Selbsteinschätzung entsteht erst durch Erfahrung, die einen Lernprozess deutlich macht. Denn die eigene Erfahrung - die nimmt mensch sich selbst ab.

Quelle: Science Daily

Die Studie im Original:
Wood et al. Positive Self-Statements: Power for Some, Peril for Others. Psychological Science, 2009; DOI: 10.1111/j.1467-9280.2009.02370.x

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