Wer sich mit Psychologie beschäftigt, stößt irgendwann auch einmal auf das 'just world motive' - die gerechte Welt, an die wir einfach gern glauben wollen. Wie auch immer ein Film ausgehen mag, irgendwie muss es gerecht sein. Und wenn etwas nicht gerecht ist, dann mag die Psyche das nicht, es gibt also meist auch Bemühungen, Gerechtigkeit wieder herzustellen.
Dass dieses Muster auch physiologische Grundlagen hat, zeigt eine neue Untersuchung aus Kalifornien. Colin Camerer et. al. untersuchten mit der Magnetresonoanztomographie die Reaktionen im Gehirn auf ungerechte Situationen. Was als Belohnung erlebt wird, läßt sich dabei in zwei Hirnregionen sichtbar machen - beide liegen im vorderen Teil des Gehirns (genauer: dem ventralen präfrontalen Cortex und dem ventralen Striatum*).
Die 40 Versuchspersonen sollten sich verschiedene Szenarien zu Geldüberweisungen vorstellen - sie selbst und eine andere Person würden dabei unterschiedlich große Summen bekommen (in der Studie zwischen 5 und 50 Dollar). Eine Gruppe bekam dabei 50 Dollar als Startkapital, die andere Gruppe ohne Geld. Erwartungsgemäß reagierten die Versuchspersonen stärker, wenn sie selbst Geld bekommen sollten, bei anderen dagegen kaum. Bei den 'Reichen' gab es aber auch Reaktionen, wenn die anderen, die ohne Kapital begonnen hatten, Geld bekommen sollten. Das Gehirn reagierte hier stärker auf die finanziellen Zuwendungen anderer als auf die eigenen.
Kleine Denkpause: was bedeutet das nun? Es passt nicht zur Vorstellung, das menschliche Gehirn sei eigennützig und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Es passt wohl zum Gedanken, dass Gerechtigkeit einen Belohnungswert hat. Wir finden es 'in Ordnung', wenn für dieselbe Arbeit derselbe Lohn bezahlt wird - unterschiedliche Bezahlung dagegen, große Unterschiede und Benachteiligung dagegen wird als ungerecht empfunden. Und das - ist ein Reaktionsmuster, das im vorderen Teil des Gehirns verankert ist.
Die Forscher interpretieren die Ergebnisse auch als Reduktion der Schuldgefühle bei den Versuchspersonen, die sich zu Unrecht im Vorteil sehen - sie fühlen sich belohnt, wenn die anderen belohnt werden und damit mehr Gleichheit und Gerechtigkeit entsteht.
Eine weiterführende Frage für die Forschung ist die Umsetzung erlebter Ungerechtigkeit im Bereich des Verhaltens - dass Arbeitnehmer, die sich benachteiligt und schlecht bezahlt füheln, weniger motiviert zur Arbeit gehen und sich weniger anstrengen, liegt dabei auf der Hand.
Literatur:
Tricomi et al. Neural evidence for inequality-averse social preferences. Nature, 2010; 463 (7284): 1089 DOI: 10.1038/nature08785
Quellen:
California Institute of Technology (2010, February 24). Scientists find first physiological evidence of brain's response to inequality. ScienceDaily. Retrieved February 24, 2010, from http://www.sciencedaily.com /releases/2010/02/100224132453.htm
Caltech Scientists Find First Physiological Evidence of Brain's Response to Inequality
* Dem Striatum (auch Streifenkörper genannt) wird eine große Bedeutung beim Zusammenwirken verschiedener psychischer Prozesse zugeschrieben. Denken, Fühlen, Motivation und Bewegung werden in diesem Teil des Gehirns koordiniert.
Dass dieses Muster auch physiologische Grundlagen hat, zeigt eine neue Untersuchung aus Kalifornien. Colin Camerer et. al. untersuchten mit der Magnetresonoanztomographie die Reaktionen im Gehirn auf ungerechte Situationen. Was als Belohnung erlebt wird, läßt sich dabei in zwei Hirnregionen sichtbar machen - beide liegen im vorderen Teil des Gehirns (genauer: dem ventralen präfrontalen Cortex und dem ventralen Striatum*).
Die 40 Versuchspersonen sollten sich verschiedene Szenarien zu Geldüberweisungen vorstellen - sie selbst und eine andere Person würden dabei unterschiedlich große Summen bekommen (in der Studie zwischen 5 und 50 Dollar). Eine Gruppe bekam dabei 50 Dollar als Startkapital, die andere Gruppe ohne Geld. Erwartungsgemäß reagierten die Versuchspersonen stärker, wenn sie selbst Geld bekommen sollten, bei anderen dagegen kaum. Bei den 'Reichen' gab es aber auch Reaktionen, wenn die anderen, die ohne Kapital begonnen hatten, Geld bekommen sollten. Das Gehirn reagierte hier stärker auf die finanziellen Zuwendungen anderer als auf die eigenen.
Kleine Denkpause: was bedeutet das nun? Es passt nicht zur Vorstellung, das menschliche Gehirn sei eigennützig und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Es passt wohl zum Gedanken, dass Gerechtigkeit einen Belohnungswert hat. Wir finden es 'in Ordnung', wenn für dieselbe Arbeit derselbe Lohn bezahlt wird - unterschiedliche Bezahlung dagegen, große Unterschiede und Benachteiligung dagegen wird als ungerecht empfunden. Und das - ist ein Reaktionsmuster, das im vorderen Teil des Gehirns verankert ist.
Die Forscher interpretieren die Ergebnisse auch als Reduktion der Schuldgefühle bei den Versuchspersonen, die sich zu Unrecht im Vorteil sehen - sie fühlen sich belohnt, wenn die anderen belohnt werden und damit mehr Gleichheit und Gerechtigkeit entsteht.
Eine weiterführende Frage für die Forschung ist die Umsetzung erlebter Ungerechtigkeit im Bereich des Verhaltens - dass Arbeitnehmer, die sich benachteiligt und schlecht bezahlt füheln, weniger motiviert zur Arbeit gehen und sich weniger anstrengen, liegt dabei auf der Hand.
Literatur:
Tricomi et al. Neural evidence for inequality-averse social preferences. Nature, 2010; 463 (7284): 1089 DOI: 10.1038/nature08785
Quellen:
California Institute of Technology (2010, February 24). Scientists find first physiological evidence of brain's response to inequality. ScienceDaily. Retrieved February 24, 2010, from http://www.sciencedaily.com /releases/2010/02/100224132453.htm
Caltech Scientists Find First Physiological Evidence of Brain's Response to Inequality