Der Begriff des "subjektiv Indiskutablen" hat eine längere Vorgeschichte... es geht hier um eine Beobachtung in Gruppendiskussionen. Es gibt Dinge, über die "man" einfach nicht diskutieren kann. Konkrete Beispiele dafür waren extreme Ansichten, radikale Meinungen oder auch grundsätzliche Positionen, von denen jemand auf keinen Fall abrücken möchte. "Indiskutabel" heisst dann: darüber diskutiere ich nicht, das lasse ich nicht in Frage stellen, oft auch: das begründe ich nicht. Manchmal lassen sich solche Positionen auch nicht begründen, scheinbar zumindest. Lässt man den Betreffenden Zeit und Raum, zeigt sich oft, dass Vorstellungen, die als indiskutabel bezeichnet werden, meist eben doch recht gut begründet sind.
Eine etwas differenziertere Betrachtung zeigt Unterschiede auf: das Indiskutable kann eine gewaltige Kommunikationsbarriere sein - muss es aber nicht. Immerhin zeigt der sprechwissenschaftliche Begriff des "begründeten Dissens" eine Möglichkeit auf, die im Alltag oft verloren geht. Man muss sich nicht einig sein, um ein Gespräch fortsetzen zu können, auch das Streiten hat sehr wohl einen Sinn, wenn es unterschiedliche Standpunkte gibt, die nie zu einem Konsens, auch nicht zu einer dialektischen Synthese führen. Möglicherweise können und dürfen unterschiedliche Standpunkte stehen bleiben, als Argumentationsgrundlage weiter existieren, eine Einigung gibt es zwar nicht, aber die Positionen sind begründet und - respektieren sich gegenseitig. Dieser gegenseitige Respekt ist ein Haltungsmoment, das dem subjektiv Indiskutablen fehlt - dort, wo andere Meinungen oder eine bestimmte Position als unhaltbar, absolut inakzeptabel bewertet werden, ist der gegenseitige Respekt nicht mehr möglich. Und damit auch eine sachliche Auseinandersetzung kaum noch vorstellbar. Standpunkte, die in den Bereich des subjektiv Indiskutablen fallen, sind Kommunikationsbarrieren, lösen Brüche und Trennungen aus, zeigen sich als emotionale (oft heftige) Reaktion, Rückzug, Kontaktabbrüche usw. Solche Bereiche für sich selbst zu klären scheint mir sehr wertvoll - denn es ermöglicht eine Erklärung, auch wenn sie nur darin besteht, eine bestimmte Position als indiskutabel zu markieren. Tut mir leid (oder auch nicht), aber darüber kann ich und will ich nicht diskutieren. Für den oder die andere(n) wird dann zumindest erkennbar, dass hier ein heikler Punkt erreicht ist, auf dem man nicht unbedingt "herumreiten" muss. Unter Umständen geht es aber doch um ein wichtiges Thema, das nicht "unter den Teppich gekehrt" werden kann, ohne einen Riss in den sozialen Beziehungen zu hinterlassen. Und dann?
Bleibt die Frage, ob und inwieweit die Möglichkeit besteht, das Indiskutable eben doch "disponibel" zu machen, will heissen, "verfügbar" und damit "besprechbar" (was nicht automatisch auch "verhandelbar" bedeutet) zu machen. Wie das gehen soll? Da gibt es etwas, das ich nicht akzeptieren kann. Diese Aussage führe ich einmal probeweise weiter: da gibt es etwas, das ich nicht akzeptieren kann, weil...
Es dauert vielleicht seine Zeit, auf die Frage nach dem "weil..." Antworten zu finden.
Vielleicht gab es einmal eine Zeit intensiven Nachdenkens und Abwägens, bis ein bestimmter Standpunkt "bezogen" war und zu einer klaren Auffassung wurde. All diese Überlegungen einfach so über Bord zu werfen ist nicht leicht. Es kann erklären, warum manche Standpunkte verfestigt sind und nicht gerne aufgegeben werden - weil es eben in ihrer Entstehungsgeschichte schwerwiegende Gründe gab, die eine bestimmte Schlussfolgerung nahe legten. Das Anliegen zur Klärung des je eigenen Bereichs subjektiv indiskutabler Standpunkte hat aber noch einen weiteren Aspekt: die kritische Prüfung, die erneute Reflexion eines Standpunkts, das neue Infragestellen (auch wenn es nur als "Selbstgespräch" stattfindet) kann diese Gründe (wieder) bewusst machen, sie erneut bestätigen oder auch ergänzen, modfizieren, aktualisieren. Vielleicht auch revidieren.
Lange genug ging es jetzt um den heißen Brei herum: aufgeschreckt durch die Kontroverse um die Todesstrafe bleibt also die persönliche Standpunktklärung, die (soweit bin ich inzwischen vorgedrungen) für mich nicht mehr in den Bereich des subjektiv Indiskutablen gehört. Also: ich bin gegen die Todesstrafe, und die Begründung besteht in einem ethischen Prinzip. Wenn ich menschliches Leben "an sich" für wertvoll einschätze, kann ich Tötung und Mord, ob absichtlich oder fahrlässig, nicht befürworten.
Die Todesstrafe für Menschen zu fordern, die eine andere Meinung vertreten (wie kürzlich im Iran gefordert) - das ist eine Haltung, die für mich nun wirklich indiskutabel ist.
Stoff zum Nachdenken lieferte mir der Film "Die Jury" - es geht dabei um einen schwarzen Amerikaner, der zwei weisse Männer erschiesst, die seine Tochter missbraucht und getötet haben. Am Ende wird er frei gesprochen. Darüber kann man sich streiten - denn das Recht auf Selbstjustiz ist eine sehr problematische Angelegenheit. Und Mord ist Mord. Trotzdem ging es mir wohl so wie den meisten anderen - am Ende ist das "just world motive" zufrieden, die Gerechtigkeit scheint durch den Freispruch wieder hergestellt. Die Hintergründe machen die Morde aus Rache nachvollziehbar, verständlich.
Eine wichtige Erkenntnis hängt an dieser Geschichte: Verstehen und Einverständnis sind verschiedene Dinge, verstehen heisst nicht auch "einverstanden sein". "Sie haben den Tod verdient" - das ist eine zentrale, legitierende Aussage in diesem Film. Nur - wer urteilt darüber, wer in welcher Situation unter welchen Bedingungen für welche Tat (vorausgesetzt, sie wurde auch wirklich begangen) den Tod verdient hat? Da gab es einen, der ein Attentat vorbereitete, einen Mord plante, sich daran ernsthaft beteiligen wollte, einen Menschen umzubringen. Einen, der selbst Pfarrer war und die Bergpredigt lehrte. Einen, der angesichts dessen, was sein Staatsoberhaupt tat und plante, nur noch den Weg sah, "dem Bösen in die Arme zu greifen". Dieser Mensch, den ich da meine, war Dietrich Bonhoeffer, seine Gedanken über die Beteiligung am Attentatsversuch auf Adolf Hitler wird in seinem Buch "Widerstand und Ergebung" beschrieben. Für ihn blieb es aber dennoch ein "Weg durch die Schuld". Legitimieren und moralisch rechtfertigen wollte er den geplanten Mord also dennoch nicht.
Standpunktklärung: das Thema "Todesstrafe" ist ein weites Feld, es geht auch um Gewalt, um Werte, um Prinzipien, um Recht, Philosophie und Religion, um Straftaten verschiedener Ausprägung, um viele Einzelfragen, die im Grunde fein säuberlich voneinander getrennt werden müssten. Wenigstens. wenn eine sachliche Auseinandersetzung möglich werden und bleiben soll, in der die Gefühle, die zweifellos ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, ebenso zu "ihrem Recht" (in mehrfacher Hinsicht) kommen können.
Verstehen lässt sich das Bedürfnis, die eigene Familie zu schützen, verstehen lässt sich auch das Motiv der Gerechtigkeit, verstehen lässt sich das Bedürfnis, Rache zu nehmen. Verstehen lässt sich aber auch der Hintergrund, der gegen die Todesstrafe spricht. Wer über andere richtet, sie zum Tod verurteilt, handelt zumindest partiell nach denselben Prinzipien wie jene, die einen Mord begehen. Sie nehmen sich das Recht, über das Leben anderer Menschen zu entscheiden. Todesstrafe bedeutet, zu entscheiden, wer leben darf und wer nicht - eine höchst fragwürdige Angelegenheit.
Es gibt noch einen Aspekt, der nachdenklich stimmt... die Frage nach der "Rehabilitationsfähigkeit". Menschen können sich ändern, Straffälligkeit muss kein "lebenslanges Schicksal" sein. Dort aber, wo sich eine dissoziale Persönlichkeitsstörung zeigt, wo die Einsicht fehlt, damit auch die Bereitschaft zur Veränderung und einer gründlichen Psychotherapie nicht gegeben ist, steht das Recht des Einzelnen gegen das Recht der Öffentlichkeit. Dort bleibt nur, wenn man für die Todesstrafe nicht plädieren will, eine lange Haftstrafe - zum Schutz der anderen. Und - es bleibt die Skepsis, die aus der praktischen Unmöglichkeit resultiert, sichere Aussagen über die Wahrscheinlichkeit neuer Straftaten zu machen.
Die Vorstellung "wer einmal missbraucht, vergewaltigt oder tötet, wird es wieder tun" ist zwar im Prinzip falsch - bei Persönlichkeitsstörungen sieht die Angelegenheit aber etwas anders aus. Als Argument gegen die Todesstrafe kommt also der Gedanke hinzu, die Chance zu einer Korrektur der Lebensführung zu lassen - wohl wissend, dass nicht alle diese Chance nutzen können und nutzen werden.
Trotz allem - die Achtung vor dem menschlichen Leben lässt sich nicht glaubwürdig vermitteln, wenn auch nur an irgendeiner Stelle für die Todesstrafe plädiert wird. Es geht nicht um ein Entschuldigen, Verhätscheln oder Gesundbeten: bei allem, was sich diskutieren lässt und sicher immer wieder einmal auch sinnvollerweise diskutiert werden sollte, bleibt die Frage nach grundsätzlichen Prinzipien im Hintergrund. Dort, wo sich nur eine Erkenntnisentscheidung treffen lässt, lässt sich der Begründungsgang nicht unendlich weit zurückführen.
Aus jahrelangem Nachdenken über das Phänomen Konfliktfähigkeit blieb die Vorstellung zentral, dass Konfliktfähigkeit und Gewaltanwendung nicht miteinander zu vereinbaren sind. Das ist eine Setzung, kein Theorieaspekt, der sich empirisch belegen liesse. Ein Grundgedanke, der unter anderem klar und deutlich gegen die Todesstrafe spricht.
Denn dort, wo Menschen sich einseitig oder gegenseitig Gewalt antun, sind sie miteinander und aneinander gescheitert.
Eine etwas differenziertere Betrachtung zeigt Unterschiede auf: das Indiskutable kann eine gewaltige Kommunikationsbarriere sein - muss es aber nicht. Immerhin zeigt der sprechwissenschaftliche Begriff des "begründeten Dissens" eine Möglichkeit auf, die im Alltag oft verloren geht. Man muss sich nicht einig sein, um ein Gespräch fortsetzen zu können, auch das Streiten hat sehr wohl einen Sinn, wenn es unterschiedliche Standpunkte gibt, die nie zu einem Konsens, auch nicht zu einer dialektischen Synthese führen. Möglicherweise können und dürfen unterschiedliche Standpunkte stehen bleiben, als Argumentationsgrundlage weiter existieren, eine Einigung gibt es zwar nicht, aber die Positionen sind begründet und - respektieren sich gegenseitig. Dieser gegenseitige Respekt ist ein Haltungsmoment, das dem subjektiv Indiskutablen fehlt - dort, wo andere Meinungen oder eine bestimmte Position als unhaltbar, absolut inakzeptabel bewertet werden, ist der gegenseitige Respekt nicht mehr möglich. Und damit auch eine sachliche Auseinandersetzung kaum noch vorstellbar. Standpunkte, die in den Bereich des subjektiv Indiskutablen fallen, sind Kommunikationsbarrieren, lösen Brüche und Trennungen aus, zeigen sich als emotionale (oft heftige) Reaktion, Rückzug, Kontaktabbrüche usw. Solche Bereiche für sich selbst zu klären scheint mir sehr wertvoll - denn es ermöglicht eine Erklärung, auch wenn sie nur darin besteht, eine bestimmte Position als indiskutabel zu markieren. Tut mir leid (oder auch nicht), aber darüber kann ich und will ich nicht diskutieren. Für den oder die andere(n) wird dann zumindest erkennbar, dass hier ein heikler Punkt erreicht ist, auf dem man nicht unbedingt "herumreiten" muss. Unter Umständen geht es aber doch um ein wichtiges Thema, das nicht "unter den Teppich gekehrt" werden kann, ohne einen Riss in den sozialen Beziehungen zu hinterlassen. Und dann?
Bleibt die Frage, ob und inwieweit die Möglichkeit besteht, das Indiskutable eben doch "disponibel" zu machen, will heissen, "verfügbar" und damit "besprechbar" (was nicht automatisch auch "verhandelbar" bedeutet) zu machen. Wie das gehen soll? Da gibt es etwas, das ich nicht akzeptieren kann. Diese Aussage führe ich einmal probeweise weiter: da gibt es etwas, das ich nicht akzeptieren kann, weil...
Es dauert vielleicht seine Zeit, auf die Frage nach dem "weil..." Antworten zu finden.
Vielleicht gab es einmal eine Zeit intensiven Nachdenkens und Abwägens, bis ein bestimmter Standpunkt "bezogen" war und zu einer klaren Auffassung wurde. All diese Überlegungen einfach so über Bord zu werfen ist nicht leicht. Es kann erklären, warum manche Standpunkte verfestigt sind und nicht gerne aufgegeben werden - weil es eben in ihrer Entstehungsgeschichte schwerwiegende Gründe gab, die eine bestimmte Schlussfolgerung nahe legten. Das Anliegen zur Klärung des je eigenen Bereichs subjektiv indiskutabler Standpunkte hat aber noch einen weiteren Aspekt: die kritische Prüfung, die erneute Reflexion eines Standpunkts, das neue Infragestellen (auch wenn es nur als "Selbstgespräch" stattfindet) kann diese Gründe (wieder) bewusst machen, sie erneut bestätigen oder auch ergänzen, modfizieren, aktualisieren. Vielleicht auch revidieren.
Lange genug ging es jetzt um den heißen Brei herum: aufgeschreckt durch die Kontroverse um die Todesstrafe bleibt also die persönliche Standpunktklärung, die (soweit bin ich inzwischen vorgedrungen) für mich nicht mehr in den Bereich des subjektiv Indiskutablen gehört. Also: ich bin gegen die Todesstrafe, und die Begründung besteht in einem ethischen Prinzip. Wenn ich menschliches Leben "an sich" für wertvoll einschätze, kann ich Tötung und Mord, ob absichtlich oder fahrlässig, nicht befürworten.
Die Todesstrafe für Menschen zu fordern, die eine andere Meinung vertreten (wie kürzlich im Iran gefordert) - das ist eine Haltung, die für mich nun wirklich indiskutabel ist.
Stoff zum Nachdenken lieferte mir der Film "Die Jury" - es geht dabei um einen schwarzen Amerikaner, der zwei weisse Männer erschiesst, die seine Tochter missbraucht und getötet haben. Am Ende wird er frei gesprochen. Darüber kann man sich streiten - denn das Recht auf Selbstjustiz ist eine sehr problematische Angelegenheit. Und Mord ist Mord. Trotzdem ging es mir wohl so wie den meisten anderen - am Ende ist das "just world motive" zufrieden, die Gerechtigkeit scheint durch den Freispruch wieder hergestellt. Die Hintergründe machen die Morde aus Rache nachvollziehbar, verständlich.
Eine wichtige Erkenntnis hängt an dieser Geschichte: Verstehen und Einverständnis sind verschiedene Dinge, verstehen heisst nicht auch "einverstanden sein". "Sie haben den Tod verdient" - das ist eine zentrale, legitierende Aussage in diesem Film. Nur - wer urteilt darüber, wer in welcher Situation unter welchen Bedingungen für welche Tat (vorausgesetzt, sie wurde auch wirklich begangen) den Tod verdient hat? Da gab es einen, der ein Attentat vorbereitete, einen Mord plante, sich daran ernsthaft beteiligen wollte, einen Menschen umzubringen. Einen, der selbst Pfarrer war und die Bergpredigt lehrte. Einen, der angesichts dessen, was sein Staatsoberhaupt tat und plante, nur noch den Weg sah, "dem Bösen in die Arme zu greifen". Dieser Mensch, den ich da meine, war Dietrich Bonhoeffer, seine Gedanken über die Beteiligung am Attentatsversuch auf Adolf Hitler wird in seinem Buch "Widerstand und Ergebung" beschrieben. Für ihn blieb es aber dennoch ein "Weg durch die Schuld". Legitimieren und moralisch rechtfertigen wollte er den geplanten Mord also dennoch nicht.
Standpunktklärung: das Thema "Todesstrafe" ist ein weites Feld, es geht auch um Gewalt, um Werte, um Prinzipien, um Recht, Philosophie und Religion, um Straftaten verschiedener Ausprägung, um viele Einzelfragen, die im Grunde fein säuberlich voneinander getrennt werden müssten. Wenigstens. wenn eine sachliche Auseinandersetzung möglich werden und bleiben soll, in der die Gefühle, die zweifellos ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, ebenso zu "ihrem Recht" (in mehrfacher Hinsicht) kommen können.
Verstehen lässt sich das Bedürfnis, die eigene Familie zu schützen, verstehen lässt sich auch das Motiv der Gerechtigkeit, verstehen lässt sich das Bedürfnis, Rache zu nehmen. Verstehen lässt sich aber auch der Hintergrund, der gegen die Todesstrafe spricht. Wer über andere richtet, sie zum Tod verurteilt, handelt zumindest partiell nach denselben Prinzipien wie jene, die einen Mord begehen. Sie nehmen sich das Recht, über das Leben anderer Menschen zu entscheiden. Todesstrafe bedeutet, zu entscheiden, wer leben darf und wer nicht - eine höchst fragwürdige Angelegenheit.
Es gibt noch einen Aspekt, der nachdenklich stimmt... die Frage nach der "Rehabilitationsfähigkeit". Menschen können sich ändern, Straffälligkeit muss kein "lebenslanges Schicksal" sein. Dort aber, wo sich eine dissoziale Persönlichkeitsstörung zeigt, wo die Einsicht fehlt, damit auch die Bereitschaft zur Veränderung und einer gründlichen Psychotherapie nicht gegeben ist, steht das Recht des Einzelnen gegen das Recht der Öffentlichkeit. Dort bleibt nur, wenn man für die Todesstrafe nicht plädieren will, eine lange Haftstrafe - zum Schutz der anderen. Und - es bleibt die Skepsis, die aus der praktischen Unmöglichkeit resultiert, sichere Aussagen über die Wahrscheinlichkeit neuer Straftaten zu machen.
Die Vorstellung "wer einmal missbraucht, vergewaltigt oder tötet, wird es wieder tun" ist zwar im Prinzip falsch - bei Persönlichkeitsstörungen sieht die Angelegenheit aber etwas anders aus. Als Argument gegen die Todesstrafe kommt also der Gedanke hinzu, die Chance zu einer Korrektur der Lebensführung zu lassen - wohl wissend, dass nicht alle diese Chance nutzen können und nutzen werden.
Trotz allem - die Achtung vor dem menschlichen Leben lässt sich nicht glaubwürdig vermitteln, wenn auch nur an irgendeiner Stelle für die Todesstrafe plädiert wird. Es geht nicht um ein Entschuldigen, Verhätscheln oder Gesundbeten: bei allem, was sich diskutieren lässt und sicher immer wieder einmal auch sinnvollerweise diskutiert werden sollte, bleibt die Frage nach grundsätzlichen Prinzipien im Hintergrund. Dort, wo sich nur eine Erkenntnisentscheidung treffen lässt, lässt sich der Begründungsgang nicht unendlich weit zurückführen.
Aus jahrelangem Nachdenken über das Phänomen Konfliktfähigkeit blieb die Vorstellung zentral, dass Konfliktfähigkeit und Gewaltanwendung nicht miteinander zu vereinbaren sind. Das ist eine Setzung, kein Theorieaspekt, der sich empirisch belegen liesse. Ein Grundgedanke, der unter anderem klar und deutlich gegen die Todesstrafe spricht.
Denn dort, wo Menschen sich einseitig oder gegenseitig Gewalt antun, sind sie miteinander und aneinander gescheitert.
Danke Rolf,
AntwortenLöschenleider habe ich nicht deine Fähigkeiten, das Thema so perfekt aufzuarbeiten.
Meine Frage nun: Kann ich noch mit dir am Treffen rechnen? Oder bin ich bei dir in Ungnaden gefallen wie bei Travis?
Liebe Grüße vom Jürgen
Hallo Jürgen,
AntwortenLöschenvon "in Ungnade fallen" kann nicht die Rede sein und der Artikel hat auch nichts mit dem Treffen zu tun. Ich fürchte nur, Du hast Dich da kräftig in die Nesseln gesetzt... Kommt mir übrigens bekannt vor, das habe ich auch schon des öfteren geschafft, wenn auch mit anderen Positionen. Da kommen schnell viele komplizierte Themen auf den Tisch, die man erst mal sortieren muss... Keinen einzigen Tag kann man die Nachrichten ansehen, ohne mit Katastrophen und Gewalt konfrontiert zu werden. Es ist nicht leicht, da noch ruhig und gelassen zu bleiben.
Liebe Grüße von Rolf
Puuh, da bin ich ja beruhigt. Leider sind jetzt die eventuellen Mitfahrgelegenheiten ausgefallen. Die Beiden haben sich "leider" abgemeldet.... Kralle, Doro, Manu und Paramantus werden aber immer noch kommen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Jürgen
Nachtrag: Ob Roadrunner und Panda kommen steht immer noch nicht fest....
AntwortenLöschenHallo Rolf,
AntwortenLöschenDu schreibst:
*Trotz allem - die Achtung vor dem menschlichen Leben lässt sich nicht glaubwürdig vermitteln, wenn auch nur an irgendeiner Stelle für die Todesstrafe plädiert wird.*
Diesem Satz möchte ich zustimmen.
Lieber Rolf, Du schreibst aber auch:
*..., verstehen lässt sich das Bedürfnis, Rache zu nehmen*
Nun, ich verstehe dieses Bedürfnis nicht.
Ist nicht gerade das Bedürfnis "Rache zu nehmen", ein Auslöser für die Befürwortung der Todesstrafe?
Sollte man daher nicht erst das Bedürfnis "Rache nehmen" unter die Lupe nehmen, um der Befürwortung der Todesstrafe bei den Menschen auf den Grund zu gehen?
Hallo Mona,
AntwortenLöschendas Bedürfnis nach Rache mag schon ein Motiv für die Befürwortung der Todesstrafe sein... Wenn man das Motiv unter die Lupe nimmt, könnte sich aber auch ein bestimmtes Verständnis von Gerechtigkeit darin zeigen. Das Problem ist: die Todesstrafe für einen Mörder macht keinen Toten wieder lebendig, abgesehen von einem Gefühl der Genugtuung oder der Idee, dass "der Gerechtigkeit genüge getan wurde", hat die Todesstrafe keinen korrigierenden Wert - sie macht nichts ungeschehen. Es können noch mehr Gedanken dahinter stehen, wenn Rachgefühle entstehen: "das kann man sich (ich mir) nicht gefallen lassen" - "das darf man (ich) nicht dulden" - die Idee der Abschreckung... In der Karrierebibel steht auch ein neuer Artikel, der die Problematik von Rachegedanken aufgreift. Rache ist wirklich ein fragwürdiges Motiv...
Hallo,
Löschenfür mich bedeutet die Ablehnung der Todesstrafe bei Mord und bestimmter ( zu definierender ) Gewalt gegen Andere einfach nur eine gewisse Art von Selstgefährdung / Selbstzerstörung.
Ich habe mal einen Film gesehen über ein Rudel Löwen, dessen eine Löwin die Macke hatte, bei der ersten Gelegenheit alle Löwenjungen zu töten.
Das Rudel zerbrach daran nach einigen Jahren.
Und wenn jetzt jemand kommt und meint, wir sind keine Tiere - der soll sich mal die Geschichte anschaun.