Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Konzeptkrisen in der Bloggerszene

Die Themen gehen mir nicht aus... so manches liegt in der Recherche, steckt in der Entwurfphase. Selbstverständlich ist das nicht, denn manchmal gibt es eben auch eine Flaute im Kopf. Manche machen sich Gedanken über ihre Blogs, legen eine Sommerpause ein, die vielleicht auch einen konzeptionellen Wendepunkt andeutet. Manche hören recht abrupt auf. Ein "Schade" schwingt bei solchen Beobachtungen bei mir immer mit. Über den Gedanken, dass ein Blog ein Konzept braucht oder haben sollte, kann man sich streiten. Zumindest einige Blogs, die über einen längeren Zeitraum bestehen, lassen ein Konzept erkennen. "Konzept" bedeutet dabei, dass es typische Themenfelder gibt, einen Interessenrahmen, der sich als roter Faden durch das Blog zieht. Was immer das auch sein mag - es vermittelt ein Profil, einen Wiedererkennungswert und lässt einen spezifischen Leseerwartungshorizont enstehen. Das kann ein Hobby sein, eine bestimmte Stilrichtung, ein bestimmtes Fachgebiet - sagen wir vorsichtig: ein bestimmter Schwerpunkt ist deutlich, oft sehr transparent und - persongebunden - glaubwürdig. Wer gerne fotografiert, stellt eben Fotos ein, wer Fertighäuser baut, informiert über Abläufe und Details aus dem Fertighausbau und so weiter und so weiter. Manchmal ergibt sich ein solches Konzept unmittelbar - es kann sich aber auch entwickeln, Schwerpunkte können sich verschieben, Zielsetzungen und Zielgruppe klarer werden, sich herauskristallisieren und verändern. Die Orientierungsmarke "Blogkrisen sind Konzeptkrisen" scheint konkreter zu sein als der Ansatz "Blogkrisen sind Motivationskrisen". Konkreter deshalb, weil (so meine Vermutung) konzeptionelle Überlegungen eher geeignet sind, die je eigene Motivation zu klären und daraus Konsequenzen zu ziehen.
Fragen also, so die Idee, könnten ein wertvoller Anstoss sein, der eigenen konzeptionellen Idee auf die Spur zu kommen, sie auszuarbeiten, zu klären und zu präzisieren, falls es sinnvoll erscheint.

1. Das Themenfeld

Manches ist für viele interessant, anderes für ganz bestimmte wenige - und manche Posts gehen komplett unter. Das erleben Medienleute und Buchautoren genauso - ein Buch kann mit viel Mühe und Arbeit geschrieben sein, wirklich gut fundiert und anspruchsvoll. Und trotzdem wenig Leser finden.
Ein Anderer scheiterte in seinem Beruf, schrieb eher nebenbei Romane und wurde als Arthur Conan Doyle berühmt. Sherlock Holmes - ist eigentlich ein Arzt und sein Autor auch, nur mit dem Unterschied, dass das Vorbild der Romanfigur Professor war, der Schreiberling mit seiner Arztpraxis aber keinen Erfolg hatte. Populistisch bloggen, um viele Leser anzuziehen - das ist eine müssige Angelegenheit, die schnell den Blick für die eigenen Interessen verdeckt. Frage also: was interessiert mich wirklich? Worüber kann ich etwas schreiben, das nicht unbedingt jeder schon weiss oder in tausend anderen Quellen auch fnden kann? Es geht dabei nicht nur um spezielle Hobbies oder ausgefallene Interessengebiete, es geht durchaus um Meinungen, persönliche Erfahrungen und Ansichten. Blogger sind meistens keine Journalisten - deshalb halte ich es auch nicht für angemessen, die Kriterien anzusetzen, die man an die Autoren eines Nachrichtenmagazins stellt. Lernen kann man trotzdem davon - und Erfahrungen sammeln, wie mühsam es sein kann, fundiert zu recherchieren, Aussagen abzustützen und nicht einfach etwas in den riesigen Raum des Internets zu stellen, das im ersten oder zweiten Kommentar in der Luft zerrissen wird. Bei allem Respekt vor dem, was "Hand und Fuss" hat, schätze ich als Leser aber auch das Vorläufige, Fragmentarische, Angerissene - denn oft genug regt es zum Mitdenken und Weiterdenken an. Blogs bilden - Meinungen, Perspektiven, Sichtweisen. Sie machen aufmerksam, regen neue Themen an, vermitteln in vielen Fragen einen anderen Blick. Das für den Blogger Bekannte und Vertraute bringt manche Leser auf neue Gedanken, zeigt auf, dass man so manches eben auch anders sehen kann.
Auch das kann eine Frage sein: will ich informieren, anregen, auf ein Problem oder ein Problemfeld aufmerksam machen, will ich Erfahrungen dokumentieren, suche ich vielleicht selbst Antworten und schneide Vorläufiges an, um "Stoff" zum Weiterdenken zu finden?

2. Die Zielgruppe

Spricht der Fotograf andere Fotografen an? Vielleicht. Dann interessiert auch die Technik, das Drumherum. Will ich einfach einmal Bilder ansehen, interessiert mich vielleicht mehr eine Geschichte drumherum, Gedanken, Zusammenhänge. Ob das alles professionell und perfekt ist, steht vielleicht zurück. Ein Bild, das dem Profi "schlecht gemacht" erscheint, kann trotzdem schön sein.
Blogs brauchen keinen Verlag - Grund genug, den Mut zur Vorläufigkeit, den Mut zum "Unprofessionellen" deutlich in die Mitte zu stellen. Mehr als Journalisten, die für eine Zeitung oder Autoren, die für einen Verlag schreiben, haben Blogger die Chance, im direkten Kontakt mit der Zielgruppe die Zielgruppe selbst zu gestalten und zu entwickeln. Das Dialogische zeigt sich im Laufe der Zeit recht deutlich - Themen aufzugreifen, die auf Interesse stossen, dort weiterzudenken, wo sich der Wunsch nach "mehr" artikuliert, das ist ebenfalls ein konzeptionelles Element. Pädagogen mögen es "Lebensweltbezug" oder "Teilnehmerorientierung" nennen. Aus sprechwissenschaftlicher Sicht wird aus dem "hörerbezogenen Sprechdenken" ein "leserbezogenes Schreibdenken". Also: ich schreibe jetzt im Moment für Blogger, die darüber nachdenken, wie sie ihr Blog gestalten wollen oder können. Möchte Anregungen geben, Denkanstösse, Fragen aufwerfen, ohne den Anspruch, allgemeingültige Regeln aufzustellen, die für alle und überall gelten sollen. Damit komme ich zum nächsten Punkt.

3. Blogziele

Wer sucht, der findet... manche Blogs sind in ihrer Zielsetzung sehr klar und transparent. Ziele können inhaltlich festgelegt sein, sich an Klärung und Aufarbeitung orientieren, kontaktbezogen sein. Recht häufig findet sich eine Mischung, die man mit dem Begriff "Infotainmentdialog" grob umreissen kann. So mancher, der unterhalten will, lässt eben dann und wann etwas Ernstes einfließen. Wenn der Ernst dann zu trocken wird, tut Auflockerung gut. Auch wenn es nur ein Bild oder ein Video ist. Das ist dann zwar nicht unbedingt eine großartige Leistung... aber ich bekenne: gelegentlich klicke ich eben auch einfach mal so ein Video an. Informieren, Unterhalten, Aufklären, Anregen - Bloggen ist rhetorische Kommunikation, medienvermittelte schriftliche rhetorische Kommunikation.

4. Design und Gestaltung

Es hat auch seinen Reiz, Entwicklungen in der Gestaltung, Ausarbeitungen im Design zu verfolgen. Das Feilen hier und da, die Beobachtung, wie sich Design und Gestaltung über Monate hinweg verändern und entwickeln, konzeptionelle Entwicklungen also, die sich unabhängig von den Inhalten zeigen, bringen etwas zum Ausdruck, das sich bei einem fertigen Buch nie verfolgen lässt - wenn man nicht gerade selbst Lektorat und Layoutgestaltung übernimmt und weiss, wie mühsam das sein kann. Experimente, neue Strukturen und Elemente, das Suchen und Tasten, Vorwärtsgehen und wieder korrigieren, wenn das Entwickelte dann doch nicht gefällt... es ist ein Stück Blogleben, das persönliche Entwicklungen transparent macht. Anfangs war ich von manchen Blogs einfach nur beeindruckt und dachte mir: so etwas bringe ich nie zustande. Heute ist mir klar: all das ist gewachsen und es steckt oft sehr viel Mühe, Lernen, Stöbern, Ausprobieren, Versuch und Irrtum, Scheitern und neues Tasten dahinter, bis ein komplexes Design so entstanden war, wie es sich nun zeigt. Ein gutes Design aufzugeben ist eine fragwürdige Angelegenheit - der Wiedererkennungswert hat sicher eine Bedeutung, ständig mit Neuem konfrontiert zu werden kann auch anstrengend werden.
Entwicklungen in Design und Gestaltung zeigen aber stets: da bewegt sich etwas, da lebt und entwickelt sich etwas.

Krisen gehören zum Leben, also darf auch ein Blog Pause machen, in eine Krise rutschen, untergehen oder mit einem neuen Akzent weiterleben. Das richtige Mass finden, die eigene Motivation klären und das Blogkonzept vor dem Hintergrund der je eigenen Lebensgestaltung entwickeln und ausarbeiten - vielleicht auch einfach wachsen lassen: dort irgendwo könnten die Ansatzpunkte für den Umgang mit Blogkrisen sein.

s. auch:
Bloggen - warum und wozu?
Ein Blogleben
Die Qualität eines Blogs

7 Kommentare:

  1. Wie so oft mal wieder fein zu Ende formuliert. Prima Artikel!!!

    Liebe Grüße vom Jürgen

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  2. Danke! Ich hoffe, es stupst hier und da etwas an. Die Qualitätsfrage ist ja leider auch wieder untergegangen, nachdem es eine Zeit lang im Forum bei Overblog recht interessante Überlegungen gab...

    Liebe Grüße von Rolf

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  3. Ich kann mich Jürgen nur anschließen. Ein wirklich guter Artikel (wie so viele!).

    Wollen wir mal hoffen, dass einige Blogger nur eine Künstler-Pause machen, um bald wieder kreativ/er zu werden!!!

    Lieben Gruß, Claudia

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  4. Wie immer hochinteressant! - Mit dem Blues-Video bist Du mir aber zuvorgekommen ;) cést la vie.

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  5. @xamanatao: es schadet nicht, wenn das Video mehrmals auftaucht - interessant, das Gershwin nicht völlig out ist! Es gibt viele scheinbar vergessene Stücke, die doch immer wieder gern gehört werden. Es gibt von "Summertime" mehrere Fassungen - und da habe ich dann eine Weile überlegt, welche Variante ich mir aussuche...

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  6. Herr Rolf: Aha.
    Ich bin zwar Durch Ihren, bzw. Deinen Artikel, nicht schlauer geworden, aber ich fühle mich geläutert.

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  7. Wie heißt es im Film "Das Wunderkind Tate"?
    Das Genie weiß, ohne zu lernen.
    Lefrancois schreibt in seiner "Psychologie des Lernens": "all das hätte eine menschliche Großmutter auch gewusst. Aber eben nicht so wissenschaftlich".
    Und ich dachte das ja bloss (frei nach Gernhardt)
    irgendwie als Denkanstoss.
    Die Schlauen (nach der Studie "Pisa")
    heissen vielleicht Mona.
    Ohne Lisa.

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