Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Donnerstag, 30. April 2009

Das Strittige

Bei der Beschreibung des Strittigen beziehe ich mich zunächst auf die Sprecherziehung als angewandte Sprechwissenschaft, im folgenden abgekürzt als ‚SE’ (GEISSNER, H. (1986). Sprecherziehung. Didaktik und Methodik der mündlichen Kommunikation. 2. Auflage. Frankfurt am Main: Scriptor).

„Die Kategorie des ‚Strittigen’ ist die Grundlage des Streitens“ (SE, S.118).


Da gibt es also unterschiedliche Meinungen. Die einen sehen es so, die anderen anders. Der eine behauptet, dieses oder jenes sei wahr, die andere bestreitet das. Was ist sinnvoll? Was ist machbar? Was ist möglich? Was ist richtig? Es gibt sehr viele Dinge, über die man unterschiedlicher Meinungen sein kann. Konflikte als Resultat unterschiedlicher Auffassungen sind allgegenwärtig. Der Normalfall. Es gibt also viele Punkte, an denen sich ein Streit entzünden kann. Was aber ist eigentlich ein „Streit“, was ist „Streiten“?
"Streiten ist ’mit Gründen streiten’ oder argumentieren“ (SE, S.119).
Erst im Vergleich mit dem Alltagsverständnis wird erkennbar, welche Konsequenzen diese Definition hat und warum Konflikte oft so destruktiv sind. Denn das Argumentieren ist keinesfalls überall selbstverständlich. Die Frage „was verbinde ich mit dem Begriff Streiten?“ zeigt dann auch recht unterschiedliche Erfahrungen auf, die so manchen und manche zu der Schlussfolgerung bringen, einem Streit lieber aus dem Weg zu gehen. Es gibt noch einen Gedankengang, den ich zitieren möchte, um das Problemfeld vorläufig abzurunden:

„Wer argumentiert, d.h. mit Gründen streitet… setzt voraus, daß der mit dem er streitet, das Strittige, die Streitfrage .. als Streitfrage versteht. Er setzt weiter voraus, daß der, mit dem er streitet, daran interessiert ist, den Streitfall zu lösen.“ (SE, S.119).

Die Voraussetzungen für ein „sinnvolles Streiten“ sind damit noch nicht vollständig genannt. Mit den drei genannten Zitaten lässt sich jedoch beschreiben, warum Konflikte manchmal so kompliziert und schwierig sind. Die Kategorie des Strittigen: wenn das immer so klar wäre! Die Beobachtung und Analyse von Konfliktsitautionen hat mir immer wieder deutlich gemacht, dass das ‚Strittige’ in einem komplizierten Geflecht gelegentlich völlig untergeht, die Streitfrage nicht so leicht zu erkennen ist, anders formuliert: es wird ‚gestritten’, ohne dass klar ist, was da eigentlich strittig ist. Die Formulierung, die ich an dieser Stelle gern benutze, bringt die Grundgedanken aus der Sprecherziehung in einer anderen Form zum Ausdruck:

Klären, was strittig ist – sich über Strittiges verständigen.

Der zweite Teil deutet bereits die Akzentverschiebung zum Miteinander- streiten an, aber zuvor läßt sich eine einfache Frage stellen:

Was ist eigentlich strittig? Worüber streiten wir und eigentlich?

Es hat Gründe, warum diese Frage so manchem Streit den Wind aus den Segeln nimmt – man kann sich hier eben auch täuschen. Möglicherweise werden ähnliche Vorstellungen unterschiedlich ‚zur Sprache gebracht“, es scheinen unterschiedliche Meinungen im Raum zu stehen, die sich im Gespräch geradezu auflösen und zu der Einsicht führen können: „im Grunde meinen wir dasselbe“. Möglich ist auch, dass ein Thema angesprochen wird, ein Problem benannt wird, aber „eigentlich“ geht es um etwas anderes. Klären, was strittig ist: das bedeutet, die Streitfrage als solche herauszuarbeiten, klar zu benennen, worum es wirklich geht.
Streiten ist schwierig, wenn nicht klar ist, was strittig ist, es ist auch schwierig, wenn mehrere Dinge gleichzeitig strittig sind und ständig durcheinander geraten. Streiten ist auch schwierig, wenn die Strittigkeit des Strittigen bestritten wird, nach dem Motto „wieso, wir sind uns doch einig?“. Das Interesse an einer Lösung ist ebenfalls nicht selbstverständlich – manchen geht es nicht um eine Lösung, sondern darum, die eigene Vorstellung durchzusetzen. Manchmal geht es nicht um ‚die Sache’. Sondern um Macht. Manche Konflikte sind nicht lösbar, weil ein Konsens überhaupt nicht beabsichtigt ist. Und manchmal scheitern Gespräche an der Orientierung am Konsens – weil er an manchen Stellen einfach überflüssig ist.
Zwei Arbeiter, die im Wald einen Baum fällen wollen, können natürlich darüber streiten, ob das zweite Tor im letzten Fußballspiel „verdient“ oder „unverdient“ war. Für den Baum selbst und die Arbeit ist diese Frage ziemlich unwichtig…

Wollen wir uns darüber wirklich streiten?

Ist die Streitfrage für uns wichtig?

Brauchen wir einen Konsens?

Es gibt viele Dinge, die man unterschiedlich sehen kann. Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, was Kunst ist. Und? Ich muss mich nicht mit allen über alles streiten. Ich muss nicht mit allen in allen Fragen einen Konsens erarbeiten. Das, was strittig ist, muss nicht notwendigerweise zu einem Streit führen. Was es mit dem begründeten und dem unbegründeten Dissens auf sich hat, ist ein Thema für sich. Grundsätzlich aber gilt: Unterschiede können bereichern, die Vielfalt macht die Kultur „bunt“ und Demokratie gedeiht nur dort, wo unterschiedliche Meinungen sein dürfen.

Mittwoch, 29. April 2009

Nüsse und Pfirsiche

15 Jahre war er alt... damals. Das Bemerkenswerte an ihm war seine Theorie der Persönlichkeit, die im Grunde nur aus zwei Schubladen bestand: "Nüsse" und "Pfirsiche". Heute verstehe ich seinen Ansatz auch als einen Bewältigungsversuch - als hochintelligenter, aber auch hochsensibler Junge war er vielen Hänseleien ausgesetzt und konnte sich dagegen nicht zur Wehr setzen. Verträumt und voller seltsamer Gedanken war seine Welt für andere nicht nachvollziehbar und man musste ihm schon genauer zuhören, um zu erkennen, wie tiefgründig seine Gedankengänge waren. "Manche sind eben Nüsse, andere Pfirsiche", sagte er. Und die Erklärung: "manche sind nach aussen hart und innen weich, andere nach aussen weich und dafür innen hart.
Und ich... bin eben ein Pfirsich". Damit war aber auch verbunden, dass er sich selbst einen harten Kern zuschrieb und sich nicht kleinkriegen lassen wollte - letzten Endes fühlte er sich den anderen überlegen. Leicht hatte er es nicht, dieser "Pfirsich", irgend jemand versuchte immer, ihn aufzuziehen, Spielchen mit ihm zu treiben. Ein schlauer Kopf, den aber trotzdem niemand so recht ernst nehmen wollte - andere machten sich ständig über ihn lustig, wirkliche Freunde hatte er nicht.
"Die Nüsse kommen leichter durchs Leben", meinte er, "auch wenn sie innen hohl sind."
Die Pfirsiche tragen bald ihre Flecken davon, vielleicht schneidet sich der eine oder die andere metaphorisch eine Scheibe davon ab... Zerquetscht und angebissen bleibt irgendwann vielleicht nur der harte Kern übrig. Dann haben wir gewissermaßen auch eine Nuss...
Aus einer wissenschaftlichen Perspektive ist eine solche Theorie natürlich nicht haltbar, wird der Vielfalt und den Zusammenhängen der Persönlichkeit nicht gerecht. Als subjektive (oder auch: naive) Theorie bringt sie aber Erfahrungen und Strategien zum Ausdruck, die Welt zu ordnen. Ein Lied der Prinzen passt zu diesem Thema, das einen kritischen, aber durchaus realistischen Blick auf unsere Konkurrenzgesellschaft wirft.




Wohl dem, der kein Pfirsich ist?

Dienstag, 28. April 2009

Sprechen: an und aus

(aus der reihe „therapoesie“)

sprechen: an
sprechen: aus
wie ein schalter –
mach was draus!

da stell’ ich fest:
es spricht mich an
gedankenrest –
ich spreche aus

sich auszusprechen
ist sodann
ein ausspruch
ein einspruch
- vielleicht –
so dann und wann
als angesprochener
nicht leicht

doch
wer sich nicht
ausspricht
spricht auch
niemanden
an

(aus)

Montag, 20. April 2009

Miteinander Streiten

(aus der Reihe „gesprächsdichte“, Mai 2000, überarbeitet)

Wie geht MITEINANDER STREITEN?
Welche PRINZIPIEN können mich leiten?
Was ist STRITTIG? Was ist SACHE?
Wie bringe ich meine Gedanken zur SPRACHE?

Sind meine Worte hart und deutlich
ist Konfrontation wohl unvermeidlich
es geht auch weicher, keine Frage –
entscheidend ist, WIE ich etwas sage

Nun passt sicher nicht jedes Wort
an jeden x-beliebgen ORT
und manche ahnen es wohl schon:
wichtig ist die SITUATION

als WER ich da in WELCHER ROLLE
WEM sage, was er/sie tun solle
mögliche Konflikte gibt es da viele –
es spielt eine Rolle, welche Rolle ich spiele…

WARUM will ich WORÜBER sprechen?
WAS kann ich WIE am besten sagen?
WER wird mir WANN WO widersprechen?
Welche MUSTER können uns tragen?

WOZU will ich MIT WEM mich streiten?
Wie kann ich das Gespräch einleiten?
Überzeugungshindernisse überwinden,
damit wir eine Lösung fnden?

Beginne ich gleich vorwurfsvoll,
sind Reaktionen meist nicht toll
Gebe ich am Anfang die Lösung schon vor
Verschliesse ich so manches Tor

Es hilft nichts, Geister zu beschwören
Hilfreich ist, intensiver ZUZUHÖREN
Wer will hier was? Hat welches ZIEL?
Ist dieses klar, dann fehlt nicht viel

zur Frage nach den Möglichkeiten,
KLÄRUNGSPROZESSE einzuleiten,
ABZUWÄGEN, was schlecht, was gut –
Wie bringe ich alles unter den Hut?

Sind genug DETAILS erfasst,
ENTSCHEIDEN wir, was bestens PASST,
können KONFLIKTE in eine CHANCE verwandeln –
im günstigen Fall: gemeinsam Handeln

Freitag, 17. April 2009

Zuhören kann doch jeder

„Zuhören kann doch jeder“. Könnte man meinen. Meinen manche. Stimmt nicht, behaupte ich. Manche geben sich keine Mühe. Andere haben den Kopf voll und sind irgendwie „nicht auf Empfang“. Manche hören zwar, aber verstehen nichts. So selbstverständlich ist das Zuhören also nicht. Da wird etwas überhört. Verdreht. Ergänzt, aber nicht so wie es gemeint war. Beim Zuhören wird manches entstellt. Selbst dann, wenn es gelingt, das zum Ausdruck zu bringen, was gemeint war, ist es nicht selbstverständlich, dass es auch „so ankommt“. So, wie es gemeint war. Als Sprecher kann man sich viel Mühe geben. Sich um Verständlichkeit bemühen. Trotzdem… ob das Gemeinte auch verstanden wird, das hängt eben auch davon ab, dass jemand zuhört. Richtig zuhört. Intensiv zuhört. Und etwas versteht. Zuhören… können die wenigsten. Es dauert seine Zeit, sich die vielen Prozesse einmal bewusst zu machen, die beim Zuhören eine Rolle spielen. Zunächst – wir wählen aus. Das Ohr ist kein Mikrofon. So manches hören wir im Hintergrund, ohne wirklich hinzuhören. Es rauscht an uns vorbei… Mit dem Begriff „Hinhören“ kommen wir der Sache schon näher. Es geht aber nicht nur darum, WAS da jemand sagt, sondern auch, WIE jemand etwas sagt.
Dazu möchte ich eine kleine Geschichte erzählen. Da hatte ich also eine Frau sprechen hören und dachte mir – so wie die spricht, bleibt ihr bestimmt früher oder später die Stimme weg. Einer Kollegin hatte ich davon erzählt und die sagte: „Rolf, du spinnst. Die Frau quasselt wie ein Buch.“ Also, dachte ich mir, frage ich sie einmal selbst, sprach sie auf das an, was mir an ihrer Stimme aufgefallen war. „Das ist mir tatsächlich schon mal passiert“, erklärte sie daraufhin. Und auf die Frage, ob sie etwas „herunterschlucken“ würde, kam ein betroffener Blick. „Vor zwei Wochen ist mein Mann gestorben“. Mehr will ich nicht dazu schreiben… an dem, WAS sie gesagt hatte, war nichts zu hören gewesen. Aber dass sie beim Sprechen den Kehlkopf zusammenpresste, das konnte man an ihrer Stimme zu erkennen – wenn man hinhörte. Es gibt viele Feinheiten, die nicht in den Inhalten liegen, sondern an der Art und Weise, WIE jemand spricht. Und das ist weder „verbal“ noch „nonverbal“, es ist paraverbal, sprachbegleitend also. So weit verbreitet die Unterscheidung von „verbal“ und „nonverbal“ auch ist – sie ist verkürzend und falsch. Aber das ist wieder ein anderes Thema…
Also: das bewusste Zuhören fängt einmal damit an, sich klar zu machen, dass nicht alles, was von Bedeutung ist, in den Inhalten, in der Sprache, in den Worten liegt. „Zwischen den Zeilen“, genauer: zwischen den einzelnen Lauten gibt es auch etwas zu hören und eben auch darin, WIE jemand etwas „verlauten“ lässt. Eine kleine Pause kann viel bedeuten.
Aber auch die Inhalte werden nicht einfach originalgetreu aufgenommen. Vor allem dann, wenn jemand sehr schnell spricht, wird schnell etwas „überhört“. Weggelassen eben. Sorgfältig zuzuhören kann sehr anstrengend sein – alles aufzunehmen und zu verarbeiten macht Mühe. Es lohnt sich, einmal darüber nachzudenken, wann das Zuhören leicht fällt und was das Zuhören mühsam macht. Einer Vorlesung zu einem neuen Thema zu folgen kann anstrengend sein. Viel Information also, das ist ein Aspekt. Ob es eine Logik gibt, der man folgen kann, auch das spielt eine Rolle. Manche Stimmen sind angenehm. Andere weniger. Eine kurze Bemerkung, die neugierig macht, kann das Zuhören erleichtern. Aussagen, die den eigenen Vorstellungen entgegenstehen, können das Zuhören erschweren. Was wir nicht „hören wollen“, fällt gern unter den Tisch. Das größte Problem aber scheint mir darin zu liegen, dass meist sehr schnell interpretiert wird. Interpretieren und Verstehen sind dabei zwei verschiedene Dinge – mit Interpretieren meine ich hier, dass dem Gesagten eine Bedeutung beigemessen wird, die nicht beabsichtigt war. Gerade dort sind Missverständnisse beinahe unvermeidlich – der „gemeinsame Sinn“ kommt nur dort zustande, wo das Verstandene dem entspricht, was gemeint war. Das aber ist höchst selten der Fall. Was tun also? Im Zweifelsfall kann man nachfragen. Wiedergeben, was „angekommen“ ist. Klären, ob das wirklich so gemeint war.
Intensiv zuzuhören ist alles andere als einfach. Es ist Übungssache, etwas dass man lernen kann. Dort aber, wo Menschen anfangen, sich bewusst und intensiv zuzuhören, geschehen merkwürdige Dinge… vielleicht kommt es nur auf einen Versuch an?

Donnerstag, 16. April 2009

Ich verstehe dich (nicht)…

Manchmal wird das eben so dahin gesagt: „ich verstehe dich“. Oder auch: „ich verstehe dich nicht“. Was bedeutet das eigentlich? Was ist Verstehen eigentlich? Ich verstehe dich – das kann bedeuten: ich kann nachvollziehen, was in dir vorgeht. Darin klingt das Mit-Fühlen an, Verstehen hat also hier etwas damit zu tun, Gefühle nachempfinden zu können. Ich verstehe dich – das kann aber auch einfach bedeuten, ich kann deine Gedanken nachvollziehen. Da erscheint mir etwas logisch, vernünftig, begründet. Ich verstehe dich nicht – das kann bedeuten: ich kann dich nicht hören, vielleicht weil die Stimme zu leise ist, das Gesprochene so leise an mein Ohr dringt, dass ich die Worte, das Gesagte, und deshalb auch das Gemeinte nicht erfassen kann. Vielleicht ist es zu laut im Raum, vielleicht ist die Verbindung über ein Telefon gestört, vielleicht sprechen andere im Raum und machen mir Mühe, mich auf eine bestimmte Person zu konzentrieren. „Ich verstehe dich nicht“ kann bedeuten, dass die Logik, die Inhalte, die Einstellung, das Verhalten, nicht meine Zustimmung finden. Verstehen kann bedeuten, einverstanden zu sein, Nichtverstehen kann bedeuten, eben nicht zuzustimmen. Sind denn Verstehen und Einverständnis wirklich dasselbe?
Bedeutet „andere Menschen verstehen“ auch ihnen zuzustimmen? Kann man sich „verstanden fühlen“, auch wenn der oder die andere nicht zustimmt, eine andere Auffassung vertritt?
Und: wieso taucht hier in unserem Sprachgebrauch eigentlich das Fühlen auf? Was ist das für ein Gefühl, wenn man sich „verstanden fühlt“, welche Rolle spielen Gefühle überhaupt beim Verstehen?
Grundsätzlich kann es viel Verwirrung stiften, wenn verschiedene Begriffe durcheinander geraten, nicht klar genug auseinander gehalten werden. Also – Verstehen und Zustimmen sind zwei verschiedene Dinge. Verständnis ist nicht automatisch auch Einverständnis. Ein Gedankengang kann nachvollziehbar sein, eine Position („im Kopf“ oder rational) verständlich sein. Trotzdem muss ich diesem Gedankengang nicht zustimmen. Wenn man davon ausgeht, dass man verschiedene Dinge eben aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten kann, dann können mehrere Positionen verständlich sein, auch wenn sie sich widersprechen.
Ergänzt man die Formulierung „ich verstehe etwas oder jemanden“ durch verschiedene Inhalte, lassen sich Arten des Verstehens unterscheiden. Das gedankliche oder rationale Verstehen bezieht sich eher auf ein Thema, einen Gedankengang, eine Position. Das gefühlsmäßige, emotionale oder empathische Verstehen bezieht sich auf das innere Erleben, auf die Gefühlswelt einer anderen Person. „Ich verstehe etwas“ kann auch auf einen Sachverhalt bezogen sein. Verstehen heißt dann, Zusammenhänge zu erkennen, zu wissen, was wohin gehört, wie das Eine mit dem Anderen verbunden ist, welche Schlussfolgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt abgeleitet werden können. Ich verstehe etwas – das kann bedeuten, ich kann mir etwas erklären, ich weiß, wie etwas funktioniert. Wenn jemand „etwas von einer Sache versteht“, so wird damit oft gemeint, dass jemand über Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt, die zu einem bestimmten Fach, der „Sache“ eben, gehören. „Davon verstehe ich nichts“ heißt oft: darüber weiß ich nichts. Indirekt ist damit die Vorstellung verbunden, dass Wissen automatisch auch Sachverstand bedeutet. Darüber kann man sich nun auch streiten…
Verstehen hat etwas mit Wissen zu tun – deutlich wird es dort, wo man etwas nicht versteht, weil man die gesprochene Sprache nicht kennt oder nicht weiß, was ein bestimmter Begriff bedeutet. Wer sich um das Verstehen bemühen möchte, kann sich angewöhnen, nachzufragen – das scheint manchen peinlich zu sein. Wer nachfragt, gibt ja damit zu, etwas nicht zu wissen. So kann man das sehen. Oder: wer nachfragt, zeigt Interesse. Habe ich das richtig verstanden? Es kommt auf einen Versuch an: nachfragen, wenn etwas unklar ist. Habe ich dich richtig verstanden? Wie meinst du das? Oder: was meinst du damit? Dort wo aus einem leichtfertig dahingesprochenen „ich verstehe dich“ das erfahrbare Bemühen wird, nachzuvollziehen, was der oder die andere wirklich meint und welches innere Erleben damit verbunden ist, kann so manches deutlich werden, das bislang unverständlich blieb. Alles sofort bis in den letzten Winkel verstehen zu wollen, das ist ein (zu) hoher Anspruch. Langsam und schrittweise etwas mehr, etwas besser verstehen, das aber ist möglich und erreichbar. Dann kann es geschehen, dass aus dem Miteinandersprechen wirklich ein gemeinsames Verständnis füreinander wird. Wir verstehen uns.
Wie das geht? Am Anfang steht etwas, das so einfach erscheint und doch so schwer sein kann: das Zuhören.

Dienstag, 14. April 2009

Realität und Wahrheit

Sich über die Realität zu verständigen ist eines – über Wahrheit zu sprechen ein anderes. Ein Gespräch ist aus sprechwissenschaftlicher Sicht definiert als „intentionale, wechselseitige Verständigungshandlung mit dem Ziel, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen, bzw. etwas gemeinsam zur Sache zu machen“ (SW, S. 45). Direkt oder indirekt ist damit das Ziel des „gemeinsamen Handelns“ verbunden, vor allem dort, wo es um rhetorische Kommunikation geht. In den Vorlesungen und Seminaren tauchte allerdings gelegentlich auch die Formulierung auf, dass mit einem Gespräch die Hoffnung verbunden sei, dass dabei „etwas Wahres zutage gefördert werde“. Nun gibt es aber auch Leute, die die Suche nach Wahrheit grundsätzlich für unsinnig halten, Wirklichkeit als Konstrukt verstehen und sich daher mit einer solchen Zielvorstellung nicht anfreunden können. Die Unterscheidung zwischen Realität und Wahrheit ist der Versuch, hier gewissermaßen eine Brücke zu bauen. Realität lässt sich durch die Sinneswahrnehmung überprüfen – Wahrheit dagegen ist stets nur ein (mehr oder weniger breiter) intersubjektiver Konsens. Ganz praktisch: ich behaupte, ein bestimmtes Holzbrett sei genau 1 Meter lang. Mit einem Maßstab lässt sich diese Behauptung leicht überprüfen – sofern die Einheit und das Messverfahren allgemein anerkannt sind, lässt sich also überprüfen, ob eine Aussage „stimmt“. Kommen mehrere übereinstimmend zum selben Messergebnis, können wir sagen, dass es „so ist: das Brett ist 1 Meter lang“. Die Realität existiert unabhängig von uns (das zumindest halte ich für wahr), die Wahrheit dagegen ist zunächst nicht mehr als eine persönliche Überzeugung – ein Für-wahr-Halten von Aussagen, subjektiv und relativ, geprägt durch das Selbst und seine Geschichte. Realität ist absolut – Wahrheit ist relativ.
In beiden Bereichen können Menschen sich irren und täuschen. Wir können uns auch irren, wenn wir glauben, uns getäuscht zu haben. Für die Realität gibt es Methoden, Aussagen zu überprüfen, Messverfahren und Experimente in den Wissenschaften gehören in diesen Zusammenhang. Ist in diesem Bereich etwas unklar oder strittig, macht Argumentation meist wenig Sinn – im Falle des Holzbretts können Zweifelnde aufgefordert werden, selbst nachzumessen. Geht es um Aussagen, die nicht konkret überprüfbar sind, bleibt nur die Argumentation, um eine Behauptung zu stützen – ein Argument ist damit eine begründete Behauptung. Wer die Argumentation nachvollziehen kann und ihr zustimmt, kann sich überzeugen lassen.
Absolut oder unbestreitbar bewiesen ist damit aber überhaupt nichts.
Wahrheit als relativ zu verstehen bedeutet nicht, dass Gespräche keinen Sinn hätten – gerade die (von mir angenommene) Unmöglichkeit, Wahrheit zu „besitzen“, also wirklich sicher sein zu können, verweist auf den Dialog als Methode, Aussagen zu überprüfen. Wenn ich etwas „für wahr halte“, besteht die Möglichkeit, im Gespräch Einwände, Widerspruch, Zweifel oder auch Zustimmung zu erfahren, herauszufinden, ob auch andere dieses oder jenes „für wahr halten“. Dort, wo Menschen darauf verzichten, im Besitz der Wahrheit zu sein oder jemals im Besitz der Wahrheit sein zu können, öffnet sich der Weg zu einem ganz anderen Umgang miteinander. Eine Aussage wie „so ist es“ bleibt gebunden an den momentanen Wissensstand, ist als Fest-Stellung vielleicht notwendigerweise besser der Los-Lösung verantwortet, die aus einem veränderten Wissensbestand eben auch andere Schlussfolgerungen nach sich ziehen kann.
„Soweit ich weiß, ist es so“. Eine Aussage wie „das ist wahr“ ist gebunden an persönliche Überzeugungen, die mehr oder weniger gut begründet sein können. Hintergrund kann auch eine Erkenntnis-Entscheidung sein, also der Schritt zur Annahme einer Aussage, die als „wahr“ akzeptiert wird. Das individuelle Weltbild, der persönliche Horizont grundsätzlicher Überzeugungen bilden das Bezugssystem, von dem aus jede Aussage bewertet und beurteilt wird. Verändert sich das Bezugssystem, verändern sich möglicherweise auch die Aussagen, denen wir zustimmen oder die wir ablehnen. Vor dem Hintergrund dieser Betrachtung gibt es praktisch nichts, dass man nicht irgendwie anders sehen kann. Es gibt dann aber auch niemanden mehr, der mit Recht behaupten könnte, wirklich zu wissen und sagen zu können, was Wahrheit und der Weisheit letzter Schluss ist. Diese Unsicherheit, die uns immer wieder aufeinander verweist, ist vielleicht schwer auszuhalten. Die Konsequenzen aus der Haltung, die eigene Überzeugung anderen aufzwingen zu wollen, „notfalls eben mit Gewalt“, sind allerdings genauso schwer auszuhalten.

Freitag, 3. April 2009

So war das nicht gemeint!

Da hat mich Jürgen gestern auf eine Idee gebracht… der nachfolgende Dialog ist aber wirklich frei erfunden. Nicht, dass jemand meint, das wäre jetzt eine originalgetreue Wiedergabe eines realen Dialogs. So war das nicht gemeint! Aber im Prinzip könnte sich so ein Gespräch überall einmal entwickeln. Im Prinzip. Also nicht unbedingt genau so. So war das nicht gemeint… aber so ungefähr. Die Szene… abends vielleicht. Irgendwo im Nirgendwo…

„Wo warst du denn so lange?“
„Ich hab rumgesucht!“
„Du denkst auch nur ans Saufen!“
„Stimmt doch gar nicht! So war das nicht gemeint!“
„Wie dann? Hast du Bier gesucht oder was?“
„Nein, etwas ganz anderes…“
„Schnaps?“
„Nein, nichts Bestimmtes, ich hab doch nur rumgesucht…“

Beim Lesen wird schneller deutlich, wo das Missverständnis entstanden ist. Rumsuchen und Rum suchen, das sind eben zwei verschiedene Dinge. Wie zum Teufel spricht man eigentlich einen Großbuchstaben aus? Gesprochen klingt eben beides gleich…
Die (frei erfundene) Szene zeigt ein kleines Beispiel für die Wurzeln von Missverständnissen auf. Ein Begriff, eine Redewendung, ein bestimmtes Klangbild – sie können auch innerhalb einer Sprache verschiedene Bedeutungen haben. Verbindet der Sprecher (oder die Sprecherin) eine andere Bedeutung damit als die Hörerin (oder der Hörer), entsteht ein Missverständnis.
Und wer ist nun schuld daran? Betrachte ich ein Missverständnis als einen Prozess, der sich zwischen den Miteinandersprechenden entwickelt, führt die Schuldfrage nicht weit. Als Sprecher kann ich mich darum bemühen, klarer und deutlicher zu sagen, was ich meine. Als Hörer kann ich berücksichtigen, dass eine Äußerung verschiedene Bedeutungen haben kann – und bei Bedarf nachfragen, wie das denn nun gemeint war. Im Gespräch selbst können Missverständnisse oft recht schnell geklärt werden. Vorausgesetzt, sie fallen auf und die Miteinandersprechenden bemühen sich darum. Sich gegenseitig verstehen setzt voraus, sich miteinander über etwas zu verständigen. Dann wird es auch möglich, wirklich das zu verstehen, was der oder die andere wirklich sagen wollte. Ach so war das gemeint!

Donnerstag, 2. April 2009

Der Sinn im Gespräch

Es war bereits erwähnt, dass im Gespräch gemeinsam Sinn konstituiert, also „erzeugt“ wird. Wovon hängt es nun ab, ob und welcher Sinn entsteht? Was sind die einzelnen Faktoren, die über Sinn (oder auch Unsinn) bestimmen? Im Kapitel über die Faktoren mündlicher Kommunikation (SW, S. 61ff.) sind sie ausführlich beschrieben und in einer knappen Formel zusammengefasst:


„(Miteinander-)Sprechen ist die kommunikative Reziprokhandlung, die
- situativ gesteuert,
- personbezogen,
- sprachbezogen,
- formbestimmt,
- leibhaft vollzogen
Sinn konstituiert und Handlungen auslöst“ (SW, S. 61)

s. auch:
Was ist Gesprächsfähigkeit?

Blogreview Miteinander sprechen
Das „Miteinander“ steht hier in Klammern. Wenn man den Zusammenhang zur Sprecherziehung als angewandte Sprechwissenschaft herstellt, wird nachvollziehbar, warum diese Klammern hier auftauchen. Rede als „Sprechen zu anderen“ wird als „virtuell dialogisch“ beschrieben, kann also in Gespräche eingebettet sein oder in ein Gespräch münden. Die einzelnen Faktoren gelten dort auch – und das nicht erst dann, wenn ein Zwischenrufer einen Einwand erhebt oder eine Frage stellt. Wenn ich verstehen möchte, was da eigentlich geschieht, wenn Menschen miteinander sprechen (oder auch: wenn eine oder einer zu vielen anderen spricht), dann muss ich verschiedene Aspekte beachten.

1. Jede nachdem, in welcher Situation sich die Miteinandersprechenden befinden, kann eine bestimmte Äußerung eine völlig andere Bedeutung haben. Der Angeklagte wird vor Gericht des Mordes verdächtigt. Der Richter fragt: Sind sie schuldig? Lautet die Antwort „ja“, dann hat das Konsequenzen. Ein „Ja“ vor dem Traualtar hat dagegen eine ganz andere Bedeutung und andere Konsequenzen…
2. Es ist von Bedeutung, WER da MIT WEM spricht, also welche Personen in welchen Rollen. Eine höfliche Frage, die eine bestimmte Handlung nahe legt, darauf abzielt, dass der oder die Angesprochene doch bitte etwas Bestimmtes tun solle, hat im privaten Bereich eine andere Bedeutung als in der Schule oder im Berufsleben.
3. Sprache ist nicht nur ein Mittel der Verständigung, sondern auch die Quelle vieler Missverständnisse. Nicht nur, wenn der oder die andere nun wirklich eine andere Sprache spricht – sondern auch dann, wenn es um Dialekte geht. Oder um Fachsprachen. Oder um Muster und Redewendungen, die für eine bestimmte Szene typisch sind. Im kriminellen Milieu ist der Hinweis auf einen geplanten „Besuch“ möglicherweise eine massive Bedrohung…
4. In jedem Gespräch sind Muster oder Schemata wirksam, die hillfreich oder störend sein können. Sie gehören (nach meiner Einschätzung) zum schwierigsten Bereich der Faktoren, die den Sinn des Gesprochenen prägen – weil sie oft so „selbstverständlich“, automatisiert und verborgen sind, dass sie kaum zu fassen und schwer zu erkennen sind.
5. Dass Miteinandersprechen leibhaft vollzogen ist, wird spürbar, wenn die Stimme einmal versagt. Eine heftige Erkältung macht deutlich, dass ein kranker Hals sich hustend und krächzend der körperlichen Grundlagen seiner Stimme durchaus bewusst werden kann… Interessant ist auch, zu beobachten, was geschieht, wenn Gehörlose Kontakt herstellen. Wer nicht hören kann, kann auch nicht angesprochen werden, also wird eben gestupst oder geschubst, wenn der oder die andere gerade in eine andere Richtung blickt. Das Miteinandersprechen wird zum Miteinandergebärden – die Gebärdensprache ersetzt die gesprochene Sprache. Dort, wo wirklich gesprochen wird, gilt aber auch, dass man nichts sagen kann, ohne es „irgendwie“ zu sagen. Sage ich „das hast du aber schön gemacht!“, genügt ein ironischer Unterton, um aus einem Lob eine verletzende, vorwurfsvolle Kritik zu machen.

Damit sind die Faktoren der Sinnkonstitution keinesfalls vollständig im Sinne von „mit allen Details“ beschrieben. Die kurze Zusammenfassung und Interpretation macht aber, wie ich hoffe, eines deutlich: die Gründe, warum Gespräche manchmal schwierig sind oder Konflikte entstehen können, sind nicht vollständig zu erfassen, wenn man nur die INHALTE des Gesprochenen beachtet. Vielleicht liegen die Probleme anderswo…

Mittwoch, 1. April 2009

Was ist Gesprächsfähigkeit?

Es ist immer eine fragwürdige Angelegenheit, ein Zitat aus dem Zusammenhang herauszugreifen. Die Definition der Gesprächsfähigkeit kann man nur verstehen, wenn die Faktoren der Sinnkonstitution bekannt sind. Ich möchte deshalb die Originalverfassung zunächst verkürzen, um nach und nach die verschiedenen Aspekte zu erläutern.

„Gesprächsfähig ist, wer im … Miteinandersprechen… Sinn so zu konstituieren vermag, dass damit das Ziel verwirklicht wird, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen…“ (SW. S 129).

Noch einfacher: im Miteinandersprechen sollte etwas Sinnvolles herauskommen. Daran sind sehr viele Faktoren beteiligt, mit denen sich beschreiben lässt, warum die ganze Angelegenheit manchmal eben alles andere als einfach ist. Es ist ein gemeinsamer Prozess, nicht nur die Leistung einer einzelnen Person. Ausgeblendet war in der Verkürzung des Zitats die Formulierung „als Sprecher wie als Hörer“. Dabei wird (so hoffe ich) deutlich, dass es nicht nur darum gehen kann, „sich besser ausdrücken zu können“ oder „vernünftig zu argumentieren“. Es kann auch nicht genügen, „Reden zu lernen“, wenn man Gesprächsfähigkeit entwickeln will. Zu anderen sprechen ist eben etwas anderes als mit anderen sprechen.

Also erweitere ich das Zitat:

„Gesprächsfähig ist, wer im … Miteinandersprechen – als Sprecher wie als Hörer - Sinn so zu konstituieren vermag, dass damit das Ziel verwirklicht wird, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen…“ (SW. S 129).

Es mag ja Spaß machen, gelegentlich Unsinn von sich zu geben. Aber selbst das kann Sinn haben – der Unterhaltung dienen. Und dann hat eben auch das Unsinnig erscheinende seinen Sinn, weil gerade dort der Witz oder die Komik liegt. Im Grunde aber geht es um eine recht ernste Angelegenheit – Miteinandersprechen ist kein reiner Selbstzweck. Vor allem mit dem Akzent rhetorischer Kommunikation ist ein Ziel verbunden, das immer schon über das Gespräch selbst hinausweist.
Etwas zur gemeinsamen Sache machen. Ein kleiner Schritt zurück: etwas zur Sache machen. Darin steckt: etwas zum Thema machen. Etwas ansprechen, das gemeinsam werden kann. Dort, wo das Thema aufgenommen wird, zu einem gemeinsamen Thema geworden ist, kann sich aus Frage und Antwort ein Gespräch entwickeln.

Nicht nur das… in einem Nebensatz der Definition heißt es: „…der zugleich imstand ist, sich im Miteinandersprechen und die im Miteinandersprechen gemeinsam gemachte Sache zu verantworten“ (SW. S. 129). Die Verantwortung für die eigenen Äußerungen wird so manchem erst dann bewusst, wenn kritisch nachgefragt wird. Stimmt das denn? Ist das richtig?
Was auch immer ich behaupte – jederzeit kann ein anderer oder eine andere nachfragen, überlegen, Einwände äußern, eine andere Meinung vertreten. Moment mal! Oder auch: darüber will ich nicht sprechen… es gibt viele Ansatzpunkte, aus denen sich ein Konflikt entwickeln kann.

Deshalb ist es schwierig, Gesprächsfähigkeit zu entwickeln, ohne zugleich das Thema Konflikte im Auge zu behalten.

Es gibt keine Gesprächsfähigkeit ohne Konfliktfähigkeit.

An dieser Stelle möchte ich noch eine Ergänzung einfügen. Miteinandersprechen setzt voraus, dass zwischen den Miteinandersprechenden überhaupt Kontakt besteht – ohne Beziehung gibt es also auch kein Gespräch. Oder bestenfalls ein einmaliges, kurzes – dem dann die Entscheidung folgt, getrennte Wege zu gehen. Mit „Beziehung“ meine ich hier nicht notwendigerweise eine „lebenslange Partnerschaft“, sondern den sozialen Bezug zwischen zwei Menschen, die über einen längeren Zeitraum miteinander Kontakt haben. Ohne sozialen Bezug geht es also auch nicht.

Es gibt keine Gesprächsfähigkeit ohne Beziehungsfähigkeit.

Es bleibt noch eine Lücke… die Faktoren der Sinnkonstitution. Aber das ist eine längere Geschichte, und sie soll ein andermal erzählt werden.
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