Bingo! Dachte ich mir, als ich den folgenden Videoausschnitt fand. Klarer kann man es wohl kaum auf den Punkt bringen... Aber zuerst einmal muss ich vielleicht erklären, was mir durch den Kopf ging...
Die einfache Schlussfolgerung - Hierarchien haben sicher ihren Sinn, machen Organisationen übersichtlich. Und können wunderbar funktionieren, erleichtern die Kontrolle. Sie haben etwas Bequemes, wenn man weiss, woran man sich orientieren kann. Es ist einfach, wenn man eben hier und da einfach dazu steht, nicht zuständig zu sein und sich damit um bestimmte Probleme mit Recht herumdrücken kann. Wenn man sich aber nur an irgendeiner Stelle intensiver mit einem Problem auseinandersetzt, komplexe Zusammenhänge erkennt, die eben über den Bierdeckelhorizont einer Disziplin, einer Institution, eines Unternehmens usw. hinausgehen... dann bleibt nur die Perspektive interdisziplinärer, institutionsübergreifender, vernetzter Zusammenarbeit übrig. Genau das aber wird systematisch verhindert - denn es passt nicht in hierarchisches Denken, bedeutet Machtverlust.
- Die Welt wird immer komplizierter.
- Die Probleme werden komplexer.
- Es gibt strukturelle Probleme in unserer Gesellschaft, die der Lösung von Problemen deutlich im Wege stehen.
- Disziplingebundenes Denken in der Wissenschaft steht der Lösung von Problemen oft im Weg, denn nicht jeder "Gegenstand" tut uns den Gefallen, sich in die engen Grenzen einer einzigen Disziplin einzufügen.
- Institutionen, Unternehmen und die öffentliche Verwaltung sind hierarchisch organisiert.
- Hierarchien sind "institutionalisierte Konfliktlösungen" - manchmal tauglich, manchmal aber auch miserable Pseudolösungen.
- Brauchen wir also in manchen Bereichen (Wirtschaft, Gesundheitswesen, Bildungswesen, Politik..) neue Formen der Kooperation, die symmetrische Interaktionen "auf Augenhöhe" jenseits der etablierten Hierarchien ermöglichen?
Vor vielen Jahren kam ich beim Brüten über den Begriff "Konfliktfähigkeit" unter anderem zu einem wichtigen Satz:
Konfliktfähigkeit heisst auch, auf Macht verzichten zu können.
Ob ich da nun "verzichten" oder "verzichten können" schreiben sollte, war mir anfangs nicht klar. Das Verzichtenkönnen ist also kein Zufall - denn es geht nicht darum, Macht einfach nur abzugeben, was konkret sowieso nicht immer und nicht so einfach geht.
Etwas unwohl ist mir jetzt geworden, weil ich einen Ausschnitt aus dem Zusammenhang gerissen habe. Wer also einen Anfang sucht, kann sich den Vortrag, aus dem der Ausschnitt stammt, auch von Anfang an ansehen - es beginnt mit der Frage, wer Peter Kruse eigentlich ist.
Ein Gedanke passt noch dazu, der aus einer ganz anderen Ecke stammt, der psychoanalytischen Familientherapie nämlich: manchmal geht es nicht um das Machen, sondern um das Zulassen von Veränderung. *
Den Gedanken, dass viele komplexe Probleme auf dieser Welt nur dann gelöst werden können, wenn mehr Vernetzung zugelassen wird, stelle ich einmal als These in den Raum bzw. das Netz. Ohne die Hoffnung, dass unmittelbar verständlich ist, was das alles bedeuten soll...
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(*s. dazu: BAURIEDL, TH. (1984). Beziehungsanalyse. Das dialektisch-emanzipatorische Prinzip der Psychoanalyse und seine Konsequenzen für die psychoanalytische Familientherapie. Frankfurt am Main: Suhrkamp.)
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