Wie funktioniert denn das jetzt wieder? Ohne Vorwarnung war ich in diesem Raum gelandet und fand um mich herum viele Bilder, plastisch, dreidimensional, aber ohne erkennbaren Zusammenhang. Wenigstens gab es keine einheitliche Szene. Ein kleines Pult stand vor mir und kleine Kabel waren an meinem Kopf befestigt. Wer und warum mir diese Dinger angeklebt hatte, daran konnte ich mich nicht erinnern.
"Da kann man ja glatt den Boden unter den Füssen verlieren", dachte ich und staunte über das, was geschah... plötzlich schien ich in der Luft zu schweben, samt Pult wohlgemerkt, ahnte aber schnell, dass es eine Illusion sein musste. Bildhaft und unmittelbar hatte dieses seltsame Gerät mir sichtbar "den Boden weggezogen". Langsam ahnte ich, was hier geschah - Bilder, Metaphern, sprachliche Formulierungen, die in irgendeiner Form visualisierbar waren, wurden unmittelbar in Bilder umgesetzt. Irgendwie musste dafür eine Datenbank mit Bildern zur Verfügung stehen, die nach den Prinzipien der Transformationsgrammatik abgerufen wurde.
Noch wahrscheinlicher aber war, dass hier Elemente der Metaphernanalyse in Algorithmen umgesetzt worden waren.
"Da bleibt mir doch glatt die Spucke weg", sagte ich laut. Und nun war ich gespannt, was daraus werden würde - aber mehr als ein kleines rotes Lämpchen leuchtete nicht auf. Dazu gab es wohl noch kein Bild und ich überlegte, wie es aussehen könnte. "Bodenlosigkeit" ist ja auch ein Bild, aber man kann sich dabei vorstellen, in der Luft zu schweben. "Bodenloser Unsinn" dagegen ist ein Bild, das im Grunde kein reales Bild ist. Eine Raummetapher und eine Bewertungsmetapher, wobei die Raummetapher im Grunde auch eine Bewertungsmetapher darstellt...
Wenn "die Spucke wegbleibt", dann ist das ein Bild für "Sprachlosigkeit", aber das ist ebenfalls etwas wenig Konkretes. Dass jemand mit offenem Mund da steht und nicht mehr antworten kann, so etwas kann man sich vorstellen.
Wozu sollte ein solcher Raum gut sein? Eine Spielerei, ein Forschungsprojekt?
Miteinandersprechen ist auch: Bilder entwickeln, gestalten, austauschen.
Dieser Raum machte solche Prozesse sichtbar - und brachte ein verwirrendes Sammelsurium aus Bildern an Wände, Decke und Boden. Etwas begreifen, mit Händen greifen, eine Bewegungsmetapher. Das kann ich nicht erkennen, das sehe ich nicht ein: eine Metapher zur Wahrnehmung.
Bilder sind Abkürzungen, machen Dinge anschaulich - können aber auch verzerren, seltsame Zusammenhänge darstellen und damit als Mittel der Manipulation eingesetzt werden.
Als ich das Pult etwas näher betrachtete, fand ich ein Zeichen, das wie eine Lupe aussah, daneben ein Stift, der sich als Leuchtstift entpuppte und ebenfalls ein Lupenzeichen aufwies. Bilder, die an die Wände projiziert waren, liessen sich damit anleuchten und vergrößern. Ein nettes Spielzeug...
Auch das kleinste Bild konnte damit ein ganzes Stück größer werden. Als ich das besagte rote Lämpchen aufleuchten sah, wurde mir bewusst, dass ich da etwas Merkwürdiges gedacht haben musste. Ein ganzes Stück größer? Was ist eigentlich "ein Stück größer" und vor allem: was ist "ein ganzes Stück?". Wie groß wäre denn "ein halbes Stück größer"?
Bilder in der Sprache... ein weites Feld. Mehr darauf zu achten, das war der wichtigste Impuls aus dieser Erfahrung. Bilder in Formulierungen einbetten, aussprechen und mitteilen - das bedeutet nicht, dass wirklich ein Bild "transportiert" wird. Vielleicht entsteht beim Hören ein ganz anderes... Möglicherweise wird dabei auch "gemogelt", weil das Bild den Sachverhalt, den es beschreiben soll, verzerrt oder umkehrt. "Peacemaker" ist eben keine Bezeichnung für ein Gänseblümchen...
Plötzlich hatte ich den Faden verloren. Wieder ein Bild, erkannte ich. Über Missverständnisse, Sprache und Denken, Formulierungen und Inhalte hatte ich mir bereits viele Gedanken gemacht. Die Bilder darin, dahinter, darunter, darüber, dazwischen... waren möglicherweise viel wichtiger als es schien.
Geträumt hatte ich also wieder einmal. Mir alles nur eingebildet.
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