Dass traumatische Erlebnisse in der Kindheit eine Fülle von Probleme nach sich ziehen können, das kann man sich auch mit dem gesunden Menschenverstand zusammenreimen. In der Novemberausgabe des American Journal of Preventive Medicine (zu deutsch: Amerikanisches Journal für Präventivmedizin) wird eine Studie erscheinen, die in der Form einer Längsschnittstudie die Auswirkungen traumatischer Kindheitserlebnisse dokumentiert.
Befragt wurden insgesamt 17.337 Erwachsene - eine sehr große Stichprobe also. Von 1995 bis 1997 wurde Daten über die Kindheit gesammelt. Dabei wurden auch bestimmte traumatische Erlebnisse erfasst, wie
- Verbale oder körperliche Misshandlung/Missbrauch
- eine Mutter haben, die geschlagen wird und Zeuge häuslicher Gewalt werden
- in einem Haushalt leben, in dem Drogen konsumiert werden oder psychische Störungen auftreten
- eine sehr einengende Person im Haushalt haben ("incarcerated" heißt wörtlich "eingekerkert", es bedeutet also, dass irgend jemand regelrecht eingesperrt wird)
- Eltern, die sich getrennt haben oder geschieden sind
Zwei Drittel der befragten Personen hatten mindestens eine der oben beschriebenen Situationen erlebt. 2006 schließlich ging es darum, wer von den Befragten noch am Leben war. 1.539 Personen waren insgesamt gestorben. Personen mit sehr wenigen traumatischen Erlebnissen erreichten ein Durchschnittsalter von 79 Jahren. Bei jenen, die eine große Anzahl traumatischer Erlebnisse erlitten hatten, lag das Durchschnittsalter bei 60. Mehrere traumatische Erlebnisse verkürzen also die Lebenserwartung - im Extremfall um bis zu 20 Jahre. David W. Brown, Leiter der Studie und Autor des Fachartikels, hofft, dass sich das allgemeine Bewusstsein für die Bedeutung traumatischer Erlebnisse stärker entwickelt. Es sei wichtig zu erkennen, dass die Folgen traumatischer Erlebnisse in der Kindheit ein ganzes Leben lang anhalten können.
Quelle: Science Daily, 07/10/2009
Die Studie im Original
Brown DW, et al. Adverse childhood experiences and the risk of premature mortality. Am J Prev Med, 37(5), 2009
P.S.: siehe auch den Artikel "Damit komme ich nicht klar" in meinem Blog "Lebensgestaltung". Außerdem möchte ich bei dieser Gelegenheit auf ein gutes Buch von Boris Cyrulnik hinweisen. "Die Kraft, die im Unglück liegt. Von unserer Fähigkeit, am Leid zu wachsen" (erschienen 2001 im Goldmann-Verlag). Dort werden Bewältigungs- und Überlebensstrategien beschrieben - Möglichkeiten also, mit sehr schwierigen Situation doch irgendwie fertig zu werden.
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