Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Donnerstag, 14. Januar 2010

Gloria Gaynor: I Am What I Am




'I am what I am, and what I am needs no excuses'. 'Ich bin, was ich bin und dafür muss ich mich nicht entschuldigen'. Das ist die wohl markanteste Aussage im Text von Gloria Gaynor. Und ein deutlicher Kontrapunkt zu Denkmustern, die sich bei ängstlichen und unsicheren Menschen finden. Mache ich auch alles richtig? Ist das auch in Ordnung, was ich da mache? Sollte ich vielleicht... müsste ich... darf ich...? In einer Variante des Songs spricht Gloria Gaynor zunächst eine kurze Einführung:

It takes a lifetime to become the best that we can be
We haven't the time or the right to judge each other
It's one life and there is no return and no deposit
 
Es dauert ein ganzes Leben, zum Besten zu werden, das wir sein können.
Wir haben nicht die Zeit und nicht das Recht, einander zu verurteilen.

(Im Englischen ist 'judge' ein Richter, das Verb 'to judge' steht für urteilen, beurteilen und richten. Die Übersetzung 'verurteilen' scheint mir den Kern ihrer Aussage am besten auf den Punkt zu bringen).
Es ist ein Leben, es gibt kein Zurück und wir können es auch nicht aufbewahren.
('deposit' ist ein Lager, ein Depot, aber auch eine Kaution - sinngemäß läßt sich das Leben also nicht irgendwo hinterlegen und bei Bedarf wieder abholen)
I am what I am, I am my own special creation.
Ich bin, was ich bin, meine eigene ganz spezielle Kreation.


Statt 'Kreation' lässt sich auch 'Schöpfung' übersetzen - das 'Ich' wird zum Kunstwerk, zum einmaligen besonderen Werk. Es ist eine Aussage, die an narzisstische Denkmuster ('ich bin etwas ganz Besonderes') erinnert, dabei aber etwas Grundsätzliches enthält: jeder Mensch ist nun einmal ein einmaliges unverwechselbares Individuum, mit einer einzigartigen Kombination aus bestimmten Ausprägungen der Persönlichkeitsmerkmale, einem einzigartigen Fingerabdruck und einer individuellen Geschichte. Deuten kann man die Aussage als Selbstbezug, als Aussage über Gloria Gaynor, so wie sie singt und auf der Bühne steht - oder als indirekten Impuls: mach was aus dir!

So come take a look, give me the hook or the ovation.
Seht mich an und schlagt mich oder applaudiert.

It's my world that I want to have a litte pride in
my world and it's not the place I have to hide in...

Es ist meine Welt, in der ich ein bisschen Stolz haben will
meine Welt - ein Platz, in dem ich mich nicht verstecken muss

Life's not worth a damn till I can say I am what I am
Diese Zeile ist interpretationsbedürftig. Solange ich zu mir selbst stehen kann, ist das Leben auch etwas wert und sollte nicht verurteilt werden. Oder: Solange ich sagen kann 'ich bin, was ich bin', verdient das Leben keine Kritik, keinen Tadel. Indirekt wird damit aber auch angedeutet, dass die Kernaussage keinesfalls so selbstverständlich ist...

I am what I am, I don't want praise, I don't want pity.
Ich bin, was ich bin, ich will kein Lob und kein Mitleid.


Lob und Mitleid haben immer etwas Aymmetrisches. Das L-Oben kommt gewissermassen 'von oben', aus einer höheren Position, in der über andere ein Urteil abgegeben wird. Zumindest kann man es so empfinden, gerade wenn es im Zusammenhang mit Mitleid steht. Zwischen Mitleid und Mitgefühl zu unterscheiden ist dabei ein anderes Thema. Aber auch das Mitleid steht dem 'gnädigen Bedauern' von oben herab nahe... Selbstbewusstsein, so könnte man den Text hier interpretieren, ist eine stolze Haltung, die kein Urteil 'von oben herab' duldet, auch wenn es 'gut gemeint' ist.

I bang my own drum, some think it's noise, I think it's pretty.
Ich schlage meine eigene Trommel, manche sagen, das ist Lärm, ich finde es toll. 
Hier kommt ein wichtiger Aspekt des Selbstwertgefühls zum Ausdruck: sich gegenüber Kritik und abwertenden Äußerungen distanzieren zu können, zu sich zu stehen, auch wenn andere nicht alles ganz wunderbar finden. Also: wie ich mich (mein Selbst, bzw. das was ich tue) bewerte, kann sich und darf sich von dem unterscheiden, wie andere mich (mein Selbst, das was ich tue) bewerten. Ein nützlicher Impuls für die Neigung, die Urteile anderer automatisch zu übernehmen.

And so what if I love each sparkle and each bangle
Why not try to see things from a different angle

Was ist, wenn ich jedes Funkeln und jeden Armreif liebe
Warum nicht versuchen, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten?

Lyrik ist schwyrik... der Armreif passt in der deutschen Übersetzung nicht so recht, aber im Englischen reimt sich 'bangle' eben schön auf 'angle', dem Winkel, den man auch als 'Blickwinkel' übersetzen könnte.

Your life is sham till you can shout out
I am what I am

Dein Leben ist eine Fälschung (oder: ist nicht echt), solange du nicht laut rufen kannst: Ich bin, was ich bin. 
Im Video oben steht an dieser Stelle 'shame', was 'Schande' bedeuten würde. In diesem Fall vertraue ich eher meinen Ohren als den Augen... Gloria Gaynor singt 'sham'!

I am what I am and what I am needs no excuses.
Ich bin was ich bin und was ich bin braucht keine Entschuldigung. 
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen... es dürfte nachvollziehbar sein, wie eine solche Aussage auf Leute wirkt, die sich aus irgendwelchen Gründen diskriminiert fühlen - aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder oder oder...

I deal my own deck, sometimes the ace, sometimes the deuces.
Ich spiele mein eigenes (Karten-)Spiel, manchmal das As, manchmal die Zweier.
Die 'deuces' sind doppeldeutig, denn 'deuce' bedeutet auch Teufel...

It's one life and there is no return and no deposit
One life so it's time to open up your closet

Es ist ein Leben, es gibt kein Zurück und kein Depot.
Ein Leben, also mach deinen Kleiderschrank auf.


Die letzte Zeile ist ebenfalls mehrdeutig... die Übersetzung 'Kleiderschrank' ist recht neutral und nicht so recht verständlich, zumal es in dieser Denklinie nicht so recht weiter geht. Wer bei 'closet' an 'water closet' oder als Abkürzung WC denkt, trifft den Sinn wohl nicht so recht. Aber es gibt da noch etwas anderes... eine Redewendung nämlich 'to come out of the closet', übersetzt bedeutet das: sich outen. Als Homosexuelle(r) outen. Diese Interpretation erklärt die Wirkung, die der Song hatte, aber ob das wirklich ihre Absicht war?


Nach einigen Wiederholungen kommen noch ein paar Affirmationen zum Schluß:
I am good, strong... ich bin bin gut, ich bin stark
I am worthy ...ich bin wertvoll
I belong... etwas schwer zu übersetzen, denn es fehlt ein Teil. 'I belong to' beschreibt Zugehörigkeit und so bleibt als Aussage nur 'irgendwo gehöre ich hin, irgendwo gehöre ich dazu'.
I am useful... ich bin nützlich
I am true... ich bin echt
I am somebody... ich bin jemand


Und die letzte Aussage:

I am as good as new....
Ich bin so gut wie neu.


Und das hat sie auch 2009 gesungen. Am 7. September wurde sie 60 Jahre alt.
Ganz unumstritten ist sie nicht - das Idol der Schwulenszene hatte Schwierigkeiten damit, eine klare Position zur Frage zu beziehen, ob Homosexualität eine Sünde sei...
 



*

3 Kommentare:

  1. Oh ja, das Lied ist eine wahre Hymne und manchmal muss man es sich laut vorsingen, um sich selber daran zu erinnern, dass man prima ist, so wie man ist, auch wenn es sich manchmal anders anfühlt.
    LG steffi

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  2. http://www.youtube.com/watch?v=gwOq96fRwzI

    der song passt gut dazu........ ;-)
    schönes Wochenende! LG steffi

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  3. warum hat gloria gaynor diesen song " i am what i am" geschrieben?

    bitte um eine Rückantwort.

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