Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Montag, 19. April 2010

Allemand aussi? Nachtrag zur 'Minus-Ossi-Geschichte'

'Minus Ossi'... da musste gerichtlich festgestellt werden, dass Ostdeutsche kein eigener Volksstamm sind. Nochmal ganz deutlich: "Ossi" ist keine ethnische Herkunftsbezeichnung (s. dazu u.a. den Artikel in der ZEIT: Lasst und ostdeutsch sein!). Auf die Eingabe der Stichorte "Ossi minus" gibt Google etwa 51.800 Ergebnisse an... das scheint die Menschen wirklich zu bewegen. Also stöbern wir einmal... "Ossis sind auch nur Deutsche" titelt der Tagesspiegel und erwähnt dabei einen Aspekt aus dem Gerichtsurteil, dass es sich hier nicht um eine rassistische Diskriminierung handle. Ja wirklich, es ging also nicht nur  um die Frage, ob "Ossis" eine eigene Ethnie sind, sondern auch darum, ob sie gar eine eigene Rasse darstellen. Und das ist nun wirkklich abstrus, denn die Rassenlehre ist schon längst überholt, logisch konsequent deshalb die Forderung, den Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz zu streichen. Es kommt ja noch toller: die Klägerin sagte "Im Herzen bin ich Schwäbin" - da müsste sie dann doch eigentlich "Schwossi" heißen? Oder "Schwabossine"? Dass sich die Schwaben mit den Auswärtigen gelgentlich schwer tun, ist Realität (sagt ein gebürtiger Schwabe), aber das betrifft nicht nur die "Ossis", sondern auch andere "Reigschmeckte". Und der Effekt selbst - Vorurteile und Abneigungen gegen "Fremde" (auch innerhalb Deutschlands) tritt auch in anderen Regionen auf. Trotz allem haben sich die Deutschen 'zum Fressen gern', was schon der Umstand beweist, dass so mancher Münchner Hamburger isst, während auch die Freiburger sich gelegentlich auf Frankfurter Würstchen stürzen. Qualifikationsrelevant in Stuttgart ist eher die Frage nach den Maultaschenkenntnissen, die im Film der ARD Mediathek empirisch belegt sind....

Ein Fall für das Gericht? Vielleicht auch ein Fall für den kritischen Griff an die eigene (deutsche) Nase: das Schubladendenken ist nun einmal eine typisch deutsche Angelegenheit, schließlich muss ja alles seine Ordnung haben und wo kämen wir denn hin...? Leider zeigen die Erkenntnisse der Sozialpsychologie, dass das Thema Vorurteile ein allgemeinmenschliches Problem ist - wir brauchen Kategorien, um die Welt zu ordnen, da wird eben gebündelt, was irgendwie zusammenzupassen scheint... und es entstehen Muster, Stereotype, Klischees. Bilder, mit denen nicht nur "Ossis" oder "Wessis" oft genug Unrecht getan wird. Im Extremfall entstehen eben auch feindselige Ideologien, die in Resten immer noch vorhanden sind. Grund genug also, ab und zu auf die Problematik der Vorurteile und ihrer Konsequenzen aufmerksam zu machen. Dass ein leer gewordener Begriff wie "Rasse" überhaupt noch verwendet wird (und das gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch im englischsprachigen Raum, insbesondere den USA) spricht dafür, dass die ideologische Loslösung vom Schubladendenken noch nicht besonders weit gediehen ist...
Fakt ist... dass Kulturen sich in vielen Bereichen und an vielen Orten der Welt vermischen, reine Kategorien also eine ziemlich künstliche Angelegenheit sind. Diskriminierung ist Realität - und bezieht sich auf eine breite Palette von Merkmalen, die Anlass für ablehnende Reaktionen sein können. Frage also: was sehen wir zuerst, Menschen in ihrer Individualität oder die Schubladen?

Nüchtern betrachtet zeigt das Beispiel aber auch, dass der Riss, der durch das deutsche Volk geht, noch lange nicht zusammengewachsen ist. Da hilft es auch nichts, wenn man Linsen mit Spätzle kochen kann.

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