Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Donnerstag, 15. April 2010

Können Schmerzen angenehm sein?

Können Schmerzen angenehm sein? Eine neue Studie scheint diesen Schluß nahezulegen. Genauer gesagt: chronischer Schmerz verändert die Wahrnehmung akuten Schmerzempfindens. Noch genauer: das Gehirn reagiert anders. Die Studie, um die es geht, ist im Journal "Neuron" erschienen und beschreibt die veränderte Reaktion neuronaler Schaltkreise bei chronischen Schmerzen. Wie das alles genau funktioniert, das liegt teilweise noch im Dunkeln - zunächst einmal ist Schmerz eine subjektive Empfindung, was sich dabei auf der physiologischen Ebene abspielt, ist nicht so ganz klar. Das Forscherteam um Dr. A. Vania Apkarian (Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago) benutzte die Magnetresonanztomographie, um die Hirnaktivität bei akuten und chronischen Schmerzen zu untersuchen. Mit 'chronischen Schmerzen' sind dabei Rückenschmerzen gemeint, die 'akuten Schmerzen' sind im Original als 'acute noxious themal stimuli' bezeichnet - 'noxious' heißt wörtlich 'schädlich', 'thermal stimuli' sind Temperaturreize, und da der Begriff 'thermal' meist für Hitze verwendet wird, tippe ich auf Hitzereize - also etwa die Berührung mit einem sehr heißen Gegenstand. Die Schmerzwahrnehmung und die Hirnregionen, die in den beiden Gruppen aktiviert wurden, waren nahezu identisch - aber es gab einen deutlichen Unterschied in der Region des Nucleus accumbens. Und das ist nun das Seltsame: bei den Patienten mit chronischen Rückenschmerzen löste akuter Schmerz einen Rückgang der Aktivitäten im Nuclues accumbens aus. Akuter Schmerz reduziert also den chronischen - und wirkt kurzfristig angenehmer als der chronische Schmerz. Die Forscher interpretieren das Ergebnis als einen dysfunktionalen Lernprozess bei chronischen Schmerzpatienten.

Kommentar: dieser etwas merkwürdige Effekt lässt sich verhaltensanalytisch gut erklären - wer keine chronischen Schmerzen hat, empfindet nachlassenden Schmerz natürlich als Erleichterung (ein unangenehmer Reiz fällt weg). Bei chronischen Schmerzen tritt mit dem Rückgang des akuten unangenehmen Reizes aber der noch unangenehmere chronische Schmerz in den Vordergrund - also 'tut es weh, wenn der Schmerz nachlässt". Ob sich dieser Befund schmerztherapeutisch umsetzen lässt, ist allerdings die Frage - auch wenn akute Schmerzen kurzfristig ablenken und 'angenehm' sind... scheint mir diese 'Methode' nicht besonders menschlich oder hilfreich zu sein...

vgl. dazu eine weitere Übersetzung der Studie: Wenn Schmerzen von Schmerzen ablenken

Literatur:
Marwan N. Baliki, Paul Y. Geha, Howard L. Fields, A. Vania Apkarian. Predicting Value of Pain and Analgesia: Nucleus Accumbens Response to Noxious Stimuli Changes in the Presence of Chronic Pain. Neuron, Volume 66, Issue 1, 149-160, 15 April 2010 DOI: 10.1016/j.neuron.2010.03.002

Quelle:
Cell Press (2010, April 15). Hurts so good: Chronic pain changes brain response to acute pain. ScienceDaily. Retrieved April 15, 2010, from http://www.sciencedaily.com­/releases/2010/04/100414122637.htm

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