Vorbemerkung: Depression. Burnout. Immer wieder stelle ich fest, dass manche Menschen
wenig selbstfürsorglich sind. Sie kümmern sich um andere, um die Arbeit,
vergessen sich selbst dabei. Das hat was, aber für mich persönlich ist mir
längst klar geworden: wenn ich für andere da sein will, muss ich mich auch um
mich selbst kümmern. Für jene, die sich selbst zu oft vergessen, wo es wichtig
wäre, nicht egoistisch, aber eben selbstfürsorglich zu sein, habe ich diesen
geschrieben. Er gibt Anstöße zum Nachdenken, aber auch für Gespräche.
Ich bin mir
dessen bewusst, dass mein Erleben und
Handeln von äußeren und inneren Faktoren beeinflusst wird. In der Welt und in
mir selbst können unterschiedliche Kräfte in unterschiedliche Richtungen
wirken. Daraus werden sich immer wieder Konflikte ergeben. Leben und Lernen,
Wachsen und Reifen bedeutet stets: sich mit Konflikten auseinander setzen,
vermitteln, balancieren, nach Lösungen suchen und Entscheidungen treffen.
Bei alledem
sorge ich für mich selbst, wie eine erwachsene Person für ein Kind, wie eine
erwachsene Person, die sich der vielfältigen Verantwortlichkeiten und
Regelungen in der Gesellschaft bewusst ist. Selbstfürsorge ist auch
Selbstkontrolle. Wenn ich mich selbst nicht kontrolliere, können Kräfte in mir
wirksam werden, die mich in unerwünschte oder gefährliche Richtungen lenken.
Meine Gefühle sind Wegweiser, sie machen mich auch Besonderheiten, angenehme
und unangenehme, schützende und gefährliche Aspekte des Lebens aufmerksam.
Für mich
sorgen bedeutet auch, meine eigenen Bedürfnisse, meine Neigungen und
Präferenzen, meine Interessen und Wünsche, Motive und Ziele immer klarer zu
erkennen und zu entwickeln. Für mich sorgen bedeutet, mich selbst zu ermutigen
und auf konstruktive, entwicklungsfördernde Prozesse zu achten.
Wenn mir
etwas fehlt, bemühe ich mich darum, das zu bekommen, was ich brauche. So wie es
mir entspricht und wie es für mich akzeptabel ist. Ständig bewege ich mich zwischen Anpassung
und Abgrenzung, zwischen Kontaktaufnahme und Rückzug.
Auf
irgendeine Weise bin ich immer so wie alle Menschen. Auf irgendeine Weise bin
ich so wie viele Menschen. Auf irgendeine Weise bin ich so wie niemand sonst
auf der Welt, anders als alle, die jemals gelebt haben und anders als alle, die
jemals leben werden. Diese Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit macht das
Besondere meines Lebens aus.
Alles was ich
tue und alles, was ich lasse, hinterlässt Spuren. Dort, wo ich für mich selbst
sorge, zeige ich mehr oder weniger erkennbar für andere, dass Menschen wertvoll
sind, Respekt und Achtung verdienen.
Gerade dann,
wenn ich Wertschätzung von anderen schmerzlich vermisse, ist es besonders
wichtig, dass ich selbst achtsam und wertschätzend mit mir selbst umgehe.
Wenn ich
ehrlich mit mir selbst und zu mir selbst bin, werde ich so manches erkennen,
das mir nicht gefällt. Ich kann nicht einfach so ganz anders sein. Aber ich
kann mich um Veränderungen bemühen und früher oder später für das eine oder
andere Problem eine Lösung finden.
Wenn mir
bewusst ist, wie lange es manchmal gedauert hat, bis in der Geschichte der
Menschheit Lösungen für schwierige Probleme gefunden wurden, muss ich nicht von
mir fordern, morgen ein literarisches Meisterwerk zu schreiben, übermorgen eine
Sinfonie zu komponieren und am dritten Tag eine wissenschaftliche Theorie zu
entwickeln, die die Relativitätstheorie in den Schatten stellt. Bei dem, was
ich mir selbst abverlange, berücksichtige ich stets meine Fähigkeiten, mein
Wissen und meine Erfahrung.
Etwas Neues
zu tun kann bedeuten, dass ich beim ersten Versuch scheitere oder Schwachpunkte
erkenne, also mit den Ergebnissen noch nicht zufrieden bin. Ich kann mich
fragen, ob ich mir die metaphorische Latte zu hoch gehängt habe oder einfach
noch mehr üben muss. Wenn mir etwas nicht gelingt, das Ergebnis aber wichtig
ist, versuche ich etwas anderes. Probleme kann ich schrittweise angehen und
verschiedene Möglichkeiten abwägen. Um meine Problemlöseprozesse optimal zu
gestalten brauche ich Geduld mit mir selbst.
Wenn ich
erkenne, dass Veränderungen viel Zeit und Mühe kosten können, kann ich auch
nachsichtiger mit mir selbst und anderen umgehen. Ein Grashalm oder eine Blume
wachsen nicht schneller, wenn ich sie unter Druck setze. Fürsorglich wie ein
Gärtner achte ich auf Licht und Wasser - das Notwendige, das ich brauche, die Förderung
die ich brauche, um wachsen zu können.
So wlll ich
Gärtner sein für das, was in mir selbst wachsen will, Zeit und Geduld, aber
auch Schutz und Fürsorge braucht.
Zeit und
Geduld werde ich auch brauchen, um zu erkennen, was all das für mich persönlich
bedeuten kann und wie ich diese Selbstfürsorge für mich in meinem Leben
lebendig werden lassen kann.
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