Psychosophie

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In der Begegnung mit anderen Menschen können wir uns selbst und andere besser verstehen lernen. Wenn wir miteinander sprechen, begegnen sich subjektive Welten. Vielleicht entstehen daraus Einsichten, die für das je eigene Leben von Bedeutung sind.

Mittwoch, 1. April 2009

Was ist Gesprächsfähigkeit?

Es ist immer eine fragwürdige Angelegenheit, ein Zitat aus dem Zusammenhang herauszugreifen. Die Definition der Gesprächsfähigkeit kann man nur verstehen, wenn die Faktoren der Sinnkonstitution bekannt sind. Ich möchte deshalb die Originalverfassung zunächst verkürzen, um nach und nach die verschiedenen Aspekte zu erläutern.

„Gesprächsfähig ist, wer im … Miteinandersprechen… Sinn so zu konstituieren vermag, dass damit das Ziel verwirklicht wird, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen…“ (SW. S 129).

Noch einfacher: im Miteinandersprechen sollte etwas Sinnvolles herauskommen. Daran sind sehr viele Faktoren beteiligt, mit denen sich beschreiben lässt, warum die ganze Angelegenheit manchmal eben alles andere als einfach ist. Es ist ein gemeinsamer Prozess, nicht nur die Leistung einer einzelnen Person. Ausgeblendet war in der Verkürzung des Zitats die Formulierung „als Sprecher wie als Hörer“. Dabei wird (so hoffe ich) deutlich, dass es nicht nur darum gehen kann, „sich besser ausdrücken zu können“ oder „vernünftig zu argumentieren“. Es kann auch nicht genügen, „Reden zu lernen“, wenn man Gesprächsfähigkeit entwickeln will. Zu anderen sprechen ist eben etwas anderes als mit anderen sprechen.

Also erweitere ich das Zitat:

„Gesprächsfähig ist, wer im … Miteinandersprechen – als Sprecher wie als Hörer - Sinn so zu konstituieren vermag, dass damit das Ziel verwirklicht wird, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen…“ (SW. S 129).

Es mag ja Spaß machen, gelegentlich Unsinn von sich zu geben. Aber selbst das kann Sinn haben – der Unterhaltung dienen. Und dann hat eben auch das Unsinnig erscheinende seinen Sinn, weil gerade dort der Witz oder die Komik liegt. Im Grunde aber geht es um eine recht ernste Angelegenheit – Miteinandersprechen ist kein reiner Selbstzweck. Vor allem mit dem Akzent rhetorischer Kommunikation ist ein Ziel verbunden, das immer schon über das Gespräch selbst hinausweist.
Etwas zur gemeinsamen Sache machen. Ein kleiner Schritt zurück: etwas zur Sache machen. Darin steckt: etwas zum Thema machen. Etwas ansprechen, das gemeinsam werden kann. Dort, wo das Thema aufgenommen wird, zu einem gemeinsamen Thema geworden ist, kann sich aus Frage und Antwort ein Gespräch entwickeln.

Nicht nur das… in einem Nebensatz der Definition heißt es: „…der zugleich imstand ist, sich im Miteinandersprechen und die im Miteinandersprechen gemeinsam gemachte Sache zu verantworten“ (SW. S. 129). Die Verantwortung für die eigenen Äußerungen wird so manchem erst dann bewusst, wenn kritisch nachgefragt wird. Stimmt das denn? Ist das richtig?
Was auch immer ich behaupte – jederzeit kann ein anderer oder eine andere nachfragen, überlegen, Einwände äußern, eine andere Meinung vertreten. Moment mal! Oder auch: darüber will ich nicht sprechen… es gibt viele Ansatzpunkte, aus denen sich ein Konflikt entwickeln kann.

Deshalb ist es schwierig, Gesprächsfähigkeit zu entwickeln, ohne zugleich das Thema Konflikte im Auge zu behalten.

Es gibt keine Gesprächsfähigkeit ohne Konfliktfähigkeit.

An dieser Stelle möchte ich noch eine Ergänzung einfügen. Miteinandersprechen setzt voraus, dass zwischen den Miteinandersprechenden überhaupt Kontakt besteht – ohne Beziehung gibt es also auch kein Gespräch. Oder bestenfalls ein einmaliges, kurzes – dem dann die Entscheidung folgt, getrennte Wege zu gehen. Mit „Beziehung“ meine ich hier nicht notwendigerweise eine „lebenslange Partnerschaft“, sondern den sozialen Bezug zwischen zwei Menschen, die über einen längeren Zeitraum miteinander Kontakt haben. Ohne sozialen Bezug geht es also auch nicht.

Es gibt keine Gesprächsfähigkeit ohne Beziehungsfähigkeit.

Es bleibt noch eine Lücke… die Faktoren der Sinnkonstitution. Aber das ist eine längere Geschichte, und sie soll ein andermal erzählt werden.

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