Besonders gelungen war der Weltklimagipfel nicht. Es gibt bereits viele konkrete Ansatzpunkte, Dokumentationen und Einsichten - genug Material also, um die ganze Angelegenheit kritisch unter die Lupe zu nehmen. Kritik an der dänischen Verhandlungsleitung wurde laut. Die Frage ist, ob die Kritik berechtigt ist, aber immerhin - vielleicht lassen sich einigermassen brauchbare Schlussfolgerungen ziehen, wie es hätte besser laufen können.
Kann man eine so große Anzahl von Menschen überhaupt leiten? Erste Erkenntnis: je größer die Gruppe, umso schwieriger ist die Organisation, umso komplexer die Gestaltung konstruktiver Gesprächsprozesse.
Sprecherzieher kennen vielleicht die Formel N mal N minus eins - und dann halbieren. In einer Gruppe von 5 Personen dauert es also 10 Minuten, bis jede(r) mit jedem 1 Minute gesprochen hat. Bei 50 Personen, 192 Ländern mit jeweils 'nur' 2 Vertretern... kann man sich ausrechnen, dass nur eines übrigbleibt: zentralisierte Kommunikation, auf ein Podium fixiert. Eine Rede nach der anderen, wenig Gespräch. Also läuft ein großer Teil nebenher, hinter den Kulissen, verdeckt - und damit unmoderiert.
Die Weltklimakonferenz hat also allein aufgrund ihrer Größe ein chaotisches System geschaffen, das sich unmöglich vollständig moderieren lässt. Und dann entsteht leicht eine depersonalisierte Masse, in der sich jeder aus der Verantwortung stehlen - oder nach eigenen Interessen das stören kann, was aus irgend einem Grund nicht 'in den Kram passt'. Es gibt individuelle Unterschiede bezüglich der Gruppengröße, die sich effizient leiten lässt - die magische Zahl 7 kann dabei als Orientierungsmarke gelten. Auf sieben Personen kann man noch individuell eingehen. Auf beinahe 200 auf gar keinen Fall. Zu viele ziehen sich schweigend zurück, einige wenige dominieren und schaffen eine ungünstige Basis für einen echten Konsens. Wenn es denn um einen Konsens gehen soll....
Neben den Fragen zur Organisation lassen sich aber noch ganz andere Punkte kritisch beleuchten.
Die Rollendefinition der dänischen Gastgeber zum Beispiel: einen Standpunkt zu haben und auch einzubringen, das lenkt den gesamten Prozess von Anfang an in eine bestimmte Richtung. Und genau an dieser Stelle gab es Widerspruch, Einwände - bis zum Vorwurf an die dänische Ministerin Connie Hedegaard, sie würde undemokratisch handeln und einseitig die Industrieländer bevorzugen. Und damit war die neutrale Position, die für Vermittlungsbemühungen notwendig gewesen wäre, verloren. Konsequenterweise verzichteten die Dänen dann auch später darauf, ein eigenes Papier einzubringen. Möglich und wahrscheinlich sinnvoller wäre es gewesen, von Anfang an Gesprächsleitungen zu bestimmen, die sich inhaltlich bewusst zurückhalten und den Schwerpunkt auf die Prozessgestaltung legen. Also - schlicht darauf achten, dass in einer (am besten kleinen und überschaubaren Gruppe) alle zu Wort kommen, Einwände herausgearbeitet, korrekt übersetzt, verstanden und geklärt werden können. Statt inhaltlicher Vorgaben also das reine Bemühen umd die Arbeitsfähigkeit der Gruppe: dazu gehört nicht nur die Sache, der inhaltliche Verlauf - sondern auch die persönliche Situation. Einschließlich der emotionalen Betroffenheit, die stellenweise durchbrach.
Wer möchte schon gern zusehen, wie das eigene Land einfach so weggespült wird?
Kann man eine so große Anzahl von Menschen überhaupt leiten? Erste Erkenntnis: je größer die Gruppe, umso schwieriger ist die Organisation, umso komplexer die Gestaltung konstruktiver Gesprächsprozesse.
Sprecherzieher kennen vielleicht die Formel N mal N minus eins - und dann halbieren. In einer Gruppe von 5 Personen dauert es also 10 Minuten, bis jede(r) mit jedem 1 Minute gesprochen hat. Bei 50 Personen, 192 Ländern mit jeweils 'nur' 2 Vertretern... kann man sich ausrechnen, dass nur eines übrigbleibt: zentralisierte Kommunikation, auf ein Podium fixiert. Eine Rede nach der anderen, wenig Gespräch. Also läuft ein großer Teil nebenher, hinter den Kulissen, verdeckt - und damit unmoderiert.
Die Weltklimakonferenz hat also allein aufgrund ihrer Größe ein chaotisches System geschaffen, das sich unmöglich vollständig moderieren lässt. Und dann entsteht leicht eine depersonalisierte Masse, in der sich jeder aus der Verantwortung stehlen - oder nach eigenen Interessen das stören kann, was aus irgend einem Grund nicht 'in den Kram passt'. Es gibt individuelle Unterschiede bezüglich der Gruppengröße, die sich effizient leiten lässt - die magische Zahl 7 kann dabei als Orientierungsmarke gelten. Auf sieben Personen kann man noch individuell eingehen. Auf beinahe 200 auf gar keinen Fall. Zu viele ziehen sich schweigend zurück, einige wenige dominieren und schaffen eine ungünstige Basis für einen echten Konsens. Wenn es denn um einen Konsens gehen soll....
Neben den Fragen zur Organisation lassen sich aber noch ganz andere Punkte kritisch beleuchten.
Die Rollendefinition der dänischen Gastgeber zum Beispiel: einen Standpunkt zu haben und auch einzubringen, das lenkt den gesamten Prozess von Anfang an in eine bestimmte Richtung. Und genau an dieser Stelle gab es Widerspruch, Einwände - bis zum Vorwurf an die dänische Ministerin Connie Hedegaard, sie würde undemokratisch handeln und einseitig die Industrieländer bevorzugen. Und damit war die neutrale Position, die für Vermittlungsbemühungen notwendig gewesen wäre, verloren. Konsequenterweise verzichteten die Dänen dann auch später darauf, ein eigenes Papier einzubringen. Möglich und wahrscheinlich sinnvoller wäre es gewesen, von Anfang an Gesprächsleitungen zu bestimmen, die sich inhaltlich bewusst zurückhalten und den Schwerpunkt auf die Prozessgestaltung legen. Also - schlicht darauf achten, dass in einer (am besten kleinen und überschaubaren Gruppe) alle zu Wort kommen, Einwände herausgearbeitet, korrekt übersetzt, verstanden und geklärt werden können. Statt inhaltlicher Vorgaben also das reine Bemühen umd die Arbeitsfähigkeit der Gruppe: dazu gehört nicht nur die Sache, der inhaltliche Verlauf - sondern auch die persönliche Situation. Einschließlich der emotionalen Betroffenheit, die stellenweise durchbrach.
Wer möchte schon gern zusehen, wie das eigene Land einfach so weggespült wird?
Mehr oder weniger deutlich wurde ein gemeinsames Problemverständnis vorausgesetzt. Die Situation ist aber nicht für alle dieselbe - die USA müssen nicht befürchten, komplett weggespült zu werden. Überschwemmungen, Dürre, Ernteeinbussen betreffen nicht alle Länder und manche profitieren sogar davon, wenn es wärmer wird. Das unterstellte gemeinsame Interesse aus einem gemeinsamen Problemverständnis heraus existiert einfach nicht. Wenn man also aus den medienvermittelten Informationen einen Leitungsfehler ausmachen kann, dann ist es das zu frühe Fokussieren einer Vereinbarung - und so entstand die Blockade im Prozess. Öffnende Prozesse kamen zu kurz. Die Klimaskeptiker kamen nicht hinreichend zu Wort. Das Ergebnis: 'Verfahrenstorpedos", die inmitten des Prozesses plötzlich alles in Frage stellten. Eng damit zusammen hängt das Problem 'Zahlen'.
Wieviel Prozent denn nun...? Es scheint, als würde die Wirschaft und die Finanzlage jedes einzelnen Landes darüber entscheiden, welche Zusagen gemacht werden können, es scheint, als könnten hier Menschen miteinander verhandeln. Können sie aber nicht - denn das Problem ist die Natur, das Klima, das sich verändert, nicht ein Mensch, den man dazu bewegen kann, 'cool' zu bleiben.
Es gibt keinen Verhandlungsspielraum, wenn es darum geht, Katastrophen zu vermeiden. Fragen wir doch mal Feuerwehrleute, bei denen die Meldung eingeht, dass es zu einem Großbrand kam. Setzen wir nun einen oder zwei Löschzüge ein? Setzen wir einen Helm auf oder nicht? Schicken wir 4 oder 5 Leute los? Oder vielleicht nur einen? Wer jetzt den Kopf schüttelt, hat verstanden, worum es geht - bei größeren Katastrophen werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, die man überhaupt nur in Bewegung setzen kann. Da wird nicht gefeilscht und verhandelt - denn die Zeit drängt.
Über Reduktionsziele in Prozentangaben zu diskutieren war also aus einer bestimmten Perspektive betrachtet von vornherein einfach unsinnig. Falscher Ansatz... die Produktion einer Konfliksituation anstelle eines offenen Prozesses, der sich an einer Leitfrage hätte orientieren können: was können wir tun, um so schnell wie möglich die Treibhausgase so weit wie möglich zu reduzieren?
Der Streit darum, wer was und wieviel tun könnte, sollte, müsste - lenkt die Energie in die falsche Richtung. Energie! Das ist überhaupt ein wichtiges Stichwort. Ja klar, Kraftwerke... nein, das Problem ist zunächst: wie lenken wir hinreichend viel Energie auf die Entwicklung neuer Möglichkeiten, weil mit den gegenwärtigen Mitteln die Ziele überhaupt nicht erreichbar sind? Frage also: wie schaffen wir ein weltweites konstruktives und innovatives Klima, das neuen Möglichkeiten eine Chance gibt, Kreativität und Innovation fördert? Wie können wir verkrustete Strukturen aufbrechen, die uns an wirtschaftliche, soziale und technologische Prozesse binden, die das Überleben der Menschheit bedrohen, weil wir dabei unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören?
Im Interview mit Prof. Dr. Mojib Latif sind zwei Punkte angesprochen, die auf jeden Fall bedenkenswert sind. Das Klimamikado im Sinne von: "erstmal sollen sich die anderen bewegen". Mit dem Begriff "Bedingungskonstrukte" meine ich Einstellungsmuster, die Bedingungen für das je eigene Handeln setzen und in Konfliktsituationen zu einem großen Problem werden können. Als "ich kann ja nicht, weil..." oder "erst wenn die anderen..., können wir..." zeigen sich Auffassungen, die nicht nur die eigenen Handlungsmöglichkeiten beschränken, sondern auch Blockadeoptionen überhaupt erst eröffnen. Was dabei herauskommt, sind Machtspiele - aber kein konstruktives Klima. Denn (sozialpsychologische Binsenweisheit namens Reaktanz) wer sich in seiner Freiheit eingeschränkt sieht, bemüht sich darum, sie wieder zu gewinnen. Das ganze geschieht wohlgemerkt in einer Runde von Leuten, die daran gewöhnt sind, "das Sagen" zu haben...
Man kann die ganze Geschichte auch anders sehen: wir haben ein gemeinsames Problem, das die ganze Welt betrifft und beraten zunächst einmal darüber, was möglich ist. Alle können davon berichten, was sie bisher getan haben und noch tun können. Die Versuche einer gemeinsamen Normbildung, die Definition von Ansprüchen, die vielleicht überhaupt nicht erfüllt werden können (aus politischen, wirtschaftlichen, finanziellen Gründen - oder auch deshalb, weil die notwendigen Technologien einfach noch nicht ausgereift oder gar nicht vorhanden sind) - das erzeugt Spannung, Widerstand, Unmut. Gefühle von Überforderung, Einengung, Unterlegensein, Druck, mehr tun zu sollen als möglich ist.
Der zweite Punkt betrifft die Frage, ob ein solcher Riesengipfel überhaupt in der Lage ist, Probleme zu lösen. Wenn ich davon ausgehe, dass die Problematik unterschiedliche Ebenen hat, wage ich zu bezweifeln, dass Politiker auf allen Ebenen einen wirklichen Durchblick haben können. Vielleicht müssen die Klimaforscher ihre wissenschaftsinternen Probleme zuerst unter sich lösen - und darüber nachdenken, wie sie in der Öffentlichkeit auftreten, sich den Klimaskeptikern gegenüber verständlich machen können. Die technischen Probleme... müssen vielleicht die Techniker zuerst unter sich klären. Und so weiter. Vieles spricht für kleinere Gruppen, die Detailprobleme bearbeiten - und über das Internet genügend Möglichkeiten haben, sich kontinuierlich weltweit auszutauschen.
Gerade jetzt, nach dem Scheitern auf politischer Ebene, das man zwar beschönigen, aber nicht leugnen kann, wäre es das Schlimmste überhaupt, den Kopf in den Sand zu stecken.
Vielleicht wäre es auch besser gewesen, zwei getrennte Vereinbarungen anzustreben, nachdem der Graben zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern sichtbar wurde? Umsonst war das Ganze sicher nicht - immerhin sind die Konfliktpunkte deutlich geworden. Zu viele, wie es scheint, um alle in dieser Zeit und in diesem Rahmen, der in Kopenhagen abgesteckt war, zu bearbeiten, geschweige denn wirklich lösen zu können. Gescheitert ist das Miteinander. Das globale Wir ist ein Langzeitprojekt.
Die eigentliche Klimakonferenz... hat gerade erst begonnen.
*
Es mag eine Temperaturveränderung geben, aber ist die so bedrohlich?
AntwortenLöschenSicher für einige.
Auf dem Eis spazieren gehen, Auto fahren, Kraftwerke betreiben, unter einem Vulkan oder in einem Erdbebengebiet leben ist auch gefährlich und hängt wie ein Damoklesschwert über den Köpfen einzelner.
Der Klimawandel ist nicht ansatzweise so kritisch, wie die einseitige Besitzverteilung. Denn es kommt eh nie darauf an, wieviel Energie, Waren, Nahrung und Wasser etc zur Verfügung steht, es kommt immer nur darauf an, wer sich wieviel davon kaufen kann und wer von diesem Prozess ausgeschlossen wird, weil er kein Geld hat.
So lange unser globales System so wirtschaftlich positioniert ist, das psychopathisch handelnde Konzerne, Manager und Politiker befördert werden durch jene Faktoren, die das System und die Systemmächtigen, sprich sehr Reiche und Superreiche, befördern, dann ist diese Klimaentwicklung! E N T W I C K L U N G ! Es passiert nicht von jetzt auf gleich, wenn es passiert. Nicht sofort wie ein Tsunami. Das ist doch der Punkt, der die Dringlichkeit auf die hinteren Bänke schiebt.
Real ist ein zusammenbrechendes Geldsystem, bedrohlich wacklige Wirtschaftssysteme, die nurnoch durch staatlichen Willen funktionieren.
Wenn ein Zusammenbruch stattfindet bricht normalerweise Krieg, Bürgerkrieg, Hungersnot und mehr aus. Frage: Wie wichtig ist im Angesicht des Überlebens im Heute die Frage von ein paar Grad Sonnentemperatur auf der Erde in 100 Jahren mehr im DURCHSCHNITT!
Ja, schon heute gehts um das Überleben vieler, jeden Tag eigentlich. Immer wieder ein kapitalistischer alltäglicher Holocaust, weil Besitzgerechtigkeit vor Verteilungsgerechtigkeit geht. Ja, das wäre eine Art Utopia, sagen jedenfalls die Profiteure von Heute.
Also etwas langsamer, die Welt geht wenn sie unter geht, nicht durch ein paar Grad mehr Sonnentemperatur unter. Garantiert nicht.
Hallo Heinzi,
AntwortenLöschennach allem, was ich bisher gelesen und in den Bookmarks, den Artikeln zum Klimawandel und den ganzen Links auch dokumentiert haben, ist die Situation wirklich bedrohlich. Vom Weltuntergang will ich trotzdem nicht sprechen oder schreiben... schließlich kommt es doch meist anders als man denkt, die Prognosen der Klimaforscher sind eben Wahrscheinlichkeitsaussagen und nicht der Weisheit letzter Schluss, vor allem aber: was es an technischen Errungenschaften noch geben mag, ist nicht vorherzusehen. Nehmen wir nur einmal an, die Idee mit den Algen ließe sich weiter entwickeln... All das soll aber nicht den Blick verdecken auf viele andere Probleme. Aber das alles ist so kompliziert, dass einem schnell der Kopf schwirren kann... Im Grunde kann ich nicht mehr tun, als mir hier und da Einblick zu verschaffen und das, was sich dabei ergibt, eben darzustellen. Zu signalisieren, dass ich mir darüber Gedanken mache, ohne Patentrezepte zur Verfügung zu haben. Vielleicht hilft manches, hier und da Lösungen etwas näher zu kommen.
Damit die Welt eben nicht untergeht, so kurz vor Weihnachten.